2023 mit den Rädern bis zum Schwarzen Meer
Deutschland – Österreich- Slowakei – Ungarn
Nach einem regenreichen Frühling starten wir am 12. Mai, mit unseren Rädern, mit dem Ziel das Schwarze Meer zu erreichen. Bei Bad Urach wollen wir die Schwäbische Alb überqueren, doch gleich zu Beginn verirren wir uns im Wald, müssen umkehren und zusätzlich entläd sich ein schwerer Wolkenbruch über uns. Was für ein Anfang!
Bei Ulm erreichen wir die Donau. Ihr wollen wir die etwa 2.600 km auf dem EuroVelo 6 folgen.
Bis Budapest radelten wir diese Strecke vor genau 10 Jahren, als wir unsere große Reise bis Hanoi und weiter bis Australien machten. Wir wissen, dass diese Strecke sehr schön ist. Weltenburg mit seinem Kloster, der imposante Donaudurchbruch, Donauschlingen und reizende Städt wie Passau, Wien, Esztergom und Budapest. Dazu viele kleine sehenswerte Dörfer.
Recht schnell stellen wir fest, dass wir uns auf der Strecke an gar nicht so viel mehr erinnern. Tja 10 Jahre sind schon eine lange Zeit, dabei haben wir noch immer dieselben Räder.
Es regnet viel und immer wieder ist das Donauufer überschwemmt, doch am 16. Tag erreichen wir Budapest. Dort schlagen wir unser Zelt, mitten in der Stadt, beim Bikercamp auf, ein idealer Ausgangspunkt für die Sehenswürdigkeiten der Stadt.
Nun sind wir gespannt, wie es mit den Radwegen nach Budapest weiter geht, da sie bis hierher ja perfekt waren. Aus Budapest hinaus verläuft es ziemlich angenehm, doch nach ein paar Kilometer führt der Radweg auf dem Donaudamm entlang. Meterhohes Gras macht uns das Vorwärtskommen schwer. Es regnet immer wieder und tausende Moskitos bevölkern die Gegend.
Nach weiteren drei Tagen sind wir im Grenzgebiet vor Serbien. Es regnet sehr stark und wir radeln meditativ auf dem Donaudamm entlang, als es plötzlich nicht mehr weiter geht. Wir stehen vor einem Korridor aus hohem Zaun mit S-Drahtrollen, Videokameras, Wachtürmen wie zu DDR Zeiten und Verhaltshinweisen. Was ist los? Definitiv sollten wir hier nicht sein, das ist uns klar. In einiger Entfernung parkt ein ungarisches Polizeiauto. Martin klopft an der Seitenscheibe und die beiden Polizisten zucken zusammen und legen ihre Smartphones erstmal auf die Seite. Doch sie sind nett und helfen uns weiter, nachdem klar wurde, dass wir eine wichtige Abzweigung im Regen verpasst hatten.
Diese monströse Anlage wurde im Winter 2022 gebaut, um Flüchtlinge vor der EU-Grenze auszusperren.
Völlig eingweicht erreichen wir die Grenzstadt Hercegzanto, wo wir uns ein Zimmer nehmen.
Abends, es regnet mal nicht mehr, sitzen wir auf dem Dorfplatz und trinken ein Bier. Hier lernen wir den Deutsch-Ungarn Hermann kennen, der uns erzählt, dass er sich vor kurzem hier ein Haus gekauft hätte. 5 Zimmer, renoviert, in gutem Zustand mit 2.000 qm Grundstück für 24.000 Euro.
30 andere Deutsche hätten auch Häuser und Wohnungen gekauft und würden ebenfalls in diesem kleinen Ort mit seinen 2.000 Einwohner wohnen…..
Fotos von Deutschland bis Ungarn (zum anklicken)
Serbien
Die Einreise verläuft problemlos und noch vor Apatin kommen wir auf einen schönen ruhigen Campingplatz (wir sind die einzigen Gäste), wo wir herzlich mit Slivovitz empfangen werden. An diesen Zwetschgenschnaps werden wir uns in den nächsten Tagen sehr gewöhnen müssen. Der Campingplatzbesitzer läd uns am Abend noch zu T-Bone-Steak, Pilzen und Bier ein.
Die kommenden Tage stellen wir fest, dass die Serben sehr hilfsbereit und offen sind, sie suchen Kontakt.
Die Städte haben Flair. Sie sind belebt, die Straßencafes laden zum Verweilen ein und die Preise sind niedrig.
Auch die Fahrradwegbeschilderung ist im Gegensatz zu Ungarn einfach perfekt.
Oft gibt es zwei Routen zum selben Ziel. Einmal die Asphaltroute entlang ruhiger Straßen oder die „nice and quiet“ Route durch die Pampa, meist sehr viel länger.
Auf jedem Wegweiser gibt es einen „philosophischen“ oder witzigen Spruch in englischer Sprache. Überhaupt kann man sich in Serbien prima auf englisch unterhalten. Wäre das Land am Meer würden wir länger bleiben.
Die Erdbeersaison ist gerade in vollem Gang und wir decken uns häufig mit den süßen Früchten ein.
Kurz vor Belgrad nimmt der Verkehr zu, wir steigen in den Zug und fahren die 20 km in die quirlige Stadt. Vom Camping Duna aus kann man die Stadtmitte gut mit dem Bus erreichen. Entlang der Donau reihen sich teils skurile Bootshäuser, die als Restaurants oder Diskos dienen. Von oben auf der Burg hat man einen super Blick auf den Park und die Flusslandschaft. Es ist ein warmer Tag und die Straßen und Parks sind sehr belebt, vor allem auch die Bohemian Straße mit den vielen Bars und Restaurants.
Hier am Rande des Viertels entdecken wir eine Grill-Metzgerei, wo wir uns leckere Burger, je 220 Gramm, für je 1,50 Euro gönnen. Auch die örtliche Polizei kauft hier ein, also scheint es ein Geheimtipp zu sein.
Über kleine Straßen geht es durch eine blühende Landschaft mit großen Blumenteppichen weiter in Richtung Silbersee. Doch zuerst müssen wir die Fähre nach Ram nehmen, welche in zwei Stunden abfahren soll. Wir überbrücken die Zeit mit Fischsuppe, Kotlettes, Pommes und Bier (zusammen 15 Euro). Wir sehen die Fähre kommen. Irgendetwas stimmt nicht, wird uns klar, denn das Tempo wird kaum reduziert. Minuten später kracht die Fähre gegen das Ufer und rammt die Zugangsbrücke in die Erde. Vollchaos. In großer Hektik schaufeln Männer Erde über die Zugangsbrücke und Autos fahren auf die Fähre. Doch irgenwie scheint die Strömung zu stark zu sein. Die Fähre reist sich wieder los und tuckert davon. Wer es noch nicht auf die Fähre geschafft hat, hat erstmal einfach Pech gehabt. Leider gehören wir auch dazu.
Doch Stunden später sind wir bereit und befinden uns bei den Passagieren die extra noch abgeholt wurden.
Am kleinen Campingplatz beim Silbersee sind wir die ersten Gäste und werden gleich mit Slivovitz begrüßt. Bei jedem neuen Gast dürfen wir einen weiteren Slivovitz mittrinken….
Wir sind nun unweit des berühmten „Eisernen Tores“ der Donau und freuen uns auf diese schöne Strecke über 120 km, wo sich die Donau durch enge Felsen zwängt. Die Straße, also unser Radweg, führt uns parallel dazu durch 18 Tunnel.
Bulgarien
Am 9. Juni erreichen wir die Grenze nach Bulgarien. Es ist sehr heiß und ein Gewitter zieht auf. Bei der Zimmersuche in Lom treffen wir auf Bulgaren, die uns einen Tipp geben. Tjulevovo am Schwarzen Meer soll sehr schön sein. Dieser Tipp, der immer stärker werdende Verkehr in unserer Richtung und der Tatsache, dass der EuroVelo 6 auf der Hauptstraße ohne Radbeschilderung verläuft, führt dazu, dass wir Tjulevovo ansteuern. Jedoch auf kleinen Straßen um den tonnenschweren Lkws zu entkommen. Bedingt durch den Ukrainekrieg fahren unzählige Lkw mit türkischer und ukrainischer Herkunft auf unserer Strecke. Wir sind Freiwild und werden angehupt. Es bleibt oft nur die Flucht mit den Rädern ins Gebüsch. Dort wiederum stören wir die Moskitos, die zu hunderten über uns herfallen. Unser ursprüngliches Ziel das Donaudelta lassen wir somit links liegen.
Rumänien
Um dem Verkehr aus dem Weg zu gehen, wechseln wir die Uferseite und fahren ein kleines Stück durch Rumänien. Hier ist es ruhig und seltsamer Weise gibt es auch so gut wie keine Moskitos.
Wir passieren viele kleine Dörfer, die zwar armselig wirken, jedoch werden wir nett begrüßt und es wird uns freundlich zugewunken. Auch bauten in fast allen Dörfern Störche ihre Neste, wo sie mit ihrem Nachwuchs vor sich hin klappern. Im Untergeschloss dieser Nester wohnen viele andere Vogelarten – ein reges kommen und gehen – das totale Gezwitscher.
Schlimm anzusehen sind die vielen freilaufenden besitzerlosen Hunde in allen Rassen, bei denen man die Rippen zählen kann oder die sehr krank aussehen. Sie treten geballt vor Bäckereien und Lebensmittelläden auf, mit der Hoffnung dort einen Bissen zu ergattern. Schlechte Erfahrungen machten wir mit den Hunden nicht. Sie ließen uns in Ruhe radeln.
Fotos von Serbien bis Rumänien (zum anklicken)
Bulgarien
Wir wollen Ruse anschauen und wechseln über eine Brücke wieder die Donauseite. Der Ort hat schöne Häuser aus dem 19 Jhd. und große, schön angelegte Parks.
In Tutrakan nehmen wir uns ein Hotelzimmer und genießen den roten Sonnenuntergang mit Blick über die Donau. Leider gibt es hier keine Fähre mehr über die Donau, so dass wir in Bulgarien bleiben. Am Morgen als wir auschecken kehren Leute schaufelweise tote Moskitos zusammen. Es ist ein unglaublicher Moskitoberg!
Auf kleinen Straßen geht es weiter. Die Atmosphäre in dieser Gegend wechselt ins türkische. Es gibt Moscheen und auf den Straßen wird türkisch gesprochen. Das Schwarze Meer erreichen wir am 17.6.
Bei Tjulevovo kommen wir auf den sehr schön gelegenen Glamping von Niko und Katharina, die beide gut Deutsch sprechen. Wir sind die einzigen Gäste und stellen unser Zelt neben den dortigen Yurten auf. Es gibt auch eine gut bestückte Außenküche, Liegestühle, Hängematten und einen Aussichtsturm mit Sitzmöglichkeiten. Niko der auch eine Tauchschule betreibt, gibt uns tolle Ausflugtipps, leiht uns seine SUPs und kocht manchmal für uns. Wir bleiben eine Woche auf diesem schönen Platz, besichtigen die Umgebung und gehen baden.
Ein paar Mal essen wir in Kamen Briag im Lokal bei den „alten Rockern“, einem netten Ehepaar, welches Hardrock hört, was man nicht unbedingt erwarten würde.
Ein weiterer guter Essenstipp ist das Restaurant am Leuchtturm. Einfach lecker.
Überhaupt ist diese Gegend sehr musikbelastet, da jedes Jahr am 1. Juli ein Festival stattfindet. Uriah Heep und andere bekannte Gruppen hatten hier ihre Auftritte (July morning). Auch ließ hier John Lawton seine Asche verstreuen.
Die Küste bei Tjulevovo ist steil und wunderschön. Unzählige Möwen und Kormorane tummeln sich auf kleinen Felsbrocken im Meer. Das Wasser ist klar und sauber, obwohl oben auf dem Plateau früher und an einigen Stellen immer noch Öl gefördert wird. Die Küste ist unverbaut – keine Hotels – Natur soweit das Auge reicht.
Nach einer Woche Pause fühlen sich die Räder schwer an und unsere Beine sind wie Blei. Wir ziehen weiter. Der erste Stopp ist das Kap Kaliakra, mit seinen roten Steilklippen und der ehemals sichersten Festung von Bulgarien.
Da es uns in Bulgarien so gut gefällt, planen wir am Schwarzen Meer zu bleiben. Wir wollen verschiedene Stellen beradeln und dort so richtig Urlaub machen. Auch einen Plan für die Rückreise haben wir Dank Niko vom Glamping schon.
So verbringen wir schöne Momente am Camping Sankt Georg. Reisen weiter zu den Bungalows Monastery südlich von Varna, mit seinen schönen Stränden und „Dschungelgefühl“. Weiter südlich geht es nach Skorpilowzi auf den dortigen Campingplatz mit schönem Strand. Jeden Abend radeln wir ins Nachbardorf wo wir lecker Essen gehen.
Weiter südlich liegt Obsor mit dem Camping Zora. Von da aus machen wir eine Busreise nach Nesebar, wo wir uns ein schönes Zimmer nehmen und drei Nächte bleiben. Die Altstadt dort ist sehr schön und man kann prima baden. Auf dem Weg zurück in den Norden machen wir an den gleichen Stellen wieder Stopp, da es nicht soviele Campingplätze gibt.
Zusammenfassend können wir sagen, dass das Meer sauber und ohne Plastik war, was wir schon erstaunlich fanden. Kleine Buchten kann man abseits der ausgetretenen Pfade finden. Wer Lust auf Liegestühle und Sonnenschirme unter hunderten Leuten hat findet auch diese Möglichkeit.
Wir verbringen noch zwei Abende in Varna und bringen unsere Räder und Gepäck für einen guten Preis zu einer Transportfirma (Varna,Panayot Volov 7, Tel 00359889858957, bei der Hauptpost), wo alles im Sprinter zu einem bulgarischen Lebensmittelladen nach Wien transportiert wird.
Wir selbst fliegen mit Wizzair von Varna nach Wien, wo wir unsere Räder und Gepäck in prima Zustand wieder bekommen.
Österreich – Deutschland
Bis unsere Fahrräder ankommen haben wir Zeit die schöne Stadt ausgiebig zu besichtigen. Von Wien aus radeln wir auf dem Fahrradweg, auf der linken Donauseite, zurück nach Passau, durch die Wachau, mit seinen Weinbergen und Marillenplantagen. Am Wege liegen viele kleine schön hergerichtete Dörfer.
In Passau verbringen wir unsere letzte Nacht auf dem Campingplatz des schönen und zentrumsnahen Kanuvereins.
Von Passau geht es per Zug zurück nach Hause.
Fotos von Bulgarien und Österreich (zum anklicken)
Geradelte Kilometer: bis Schwarzes Meer 2.911 km – Gesamt: 3.710 km
Pannen: Nullkommanull