China Sichuan 2014

Sichuan: Reis in Sicht

Mit unserer Busfahrt nach Chengdu ändern sich nicht nur die klimatischen, sondern auch die kulinarischen Verhältnisse. Wir passieren die „Nudelgrenze“ und ab heute steht überwiegend Reis auf dem Speiseplan.

Ihn gibt es in fast allen Restaurants in großen Bambusbehältern, wo man soviel man möchte holen kann. Zum eigentlichen Gericht, wird meistens eine heiße Brühe als Durstlöscher serviert. Tee gibt es nicht zum Essen.
Kurz vor Chengdu sehen wir auch die ersten grünen Reisfelder, Bananenplantagen, vereinzelte Palmen und bald Bambuswälder mit Riesenbambus.
Es ist schwülwarm, die Sonne sehen wir die ersten 10 Tage nicht. Dafür regnet es fast immer, mehr oder weniger stark. Eine neue Erfahrung für uns ist es nun unsere Ausrüstung einigermaßen trocken zu halten. Einmal naß, immer feucht….
Auch ist es viel schwerer geworden einen geeigneten Zeltplatz zu finden, denn jeder Zentimeter Erde wird bepflanzt oder die Erde ist matschig.

In Chengdu übernachten wir im Dragon Youth Hotel mitten im belebten Zentrum. Hier ist eine Fußgängerzone entstanden, durch die sich alle chinesischen und ausländischen Touristen drängeln.
Nach einem kurzen Aufenthalt in der 10 Millionenstadt radeln wir bei strömendem Regen los. Agnès deckt sich noch schnell mit einem chinesischen roten Poncho ein, doch der Wind bläst seitlich und ruckzuck ist auch sie nass.

China_Chengdu

Ein kompletter Regentag steht uns bevor. Abends ist an zelten nicht zu denken, so betreten wir triefendnass ein nobles Hotel, doch man scheint an nasse Gäste gewöhnt zu sein. In der Hotellobby sitzen gerade mehrere Polizisten in weichen Sesseln und vertreiben sich die Zeit. Als sie uns sehen, sind wir wieder mal die Attraktion. Später helfen uns zwei dieser Polizisten, sowie ein Securitymann und die Putzfrau, unser Gepäck in den Aufzug und ins Zimmer zu bringen.

Die Doppelzimmer in China kosten so zwischen 70 (8,50 Euro) und 200 Yuan (24 Euro). Ab ca. 150 Yuan ((18 Euro) bekommt man schon eine richtige luxuriöse Suite.
Leider ist der nächste Tag nicht besser. Es regnet so stark, dass die Autos mit Warnblinkanlagen fahren.

Wir radeln bis Leshan (von Chengdu 175 km) und checken im 7 Days-Inn ein. Leshan ist weltberühmt für seinen in die Felswand geschlagenen Großen Buddha, den größten sitzenden Buddha der Welt, mit dessen Bau im Jahr 713 n. Ch. begonnen wurde.  Dieser ist 71 m hoch. Er hat 7 m lange Ohren und jeder seiner Zehen ist 8,5 m lang. Der große Zeh bietet einer Fußballmannschaft Platz!

Leshan_Grosser Buddha

Um den Buddha herum ist ein immergrüner Park entstanden, mit vielen Tempelanlagen, hohen Baumfarnen und in Stein gehauene Kaligrafien. Hier haben wir mal wieder einen regenfreien Tag, den wir im Park genießen.

Am Freitag, dem 6.6.14 geben wir unsere Anträge auf eine Visaverlängerung im PSB Büro ab und bekommen gleich die Auskunft, dass wir die Visas am Montag abholen können. Es verlief ohne Probleme, die Angestellte sprach sogar etwas Englisch und unseren Reiseplan, den wir angeben mussten interessierte niemand. Das ganze dauerte 15 Minuten und kostete 160 Yuan (20 Euro). Nun können wir bis 11. Juli 2014 in China bleiben!

Während wir die 3 Tage auf unsere Verlängerung warten, machen wir einen Ausflüg zum Mt. Emei, zum dortigen Pilgerweg. Der Emei Shan ist einer der vier berühmten buddhistischen Berge des Mittleren Reiches. Von den ursprünglichen rund 100 Tempeln ist wenig geblieben. Sie wurden im Krieg oder durch die Kulturrevolution zerstört. 10 Tempel, über den Berg verteilt, sind in gutem Zustand. Hier findet man Kost und Logie. Wir wandern 3 Tage lang in diesem Gebiet und übernachten selbst zweimal in diesen Klöstern.
Leider sehen wir die Sonne in dieser Zeit nicht, dafür werden wir immer wieder neu eingeweicht.
Unsere Tour beginnt, nach einer kurzen Fahrt mit der Seilbahn, auf 1.020 m und endet am ersten Tag bei 2.540 m im Kloster Taizi Ping. Nach unserer Berechnung steigen wir dabei über sage und schreibe 12.000 Treppenstufen!
Die gesamte Anlage ist mit Treppen ausgebaut! So was schaffen nur die Chinesen.

Leshan_Mt Emei

Am nächsten Tag trennen uns nochmals 3.000 Treppen bis zum Gipfel, dem Golden Summit auf 3.077 m Höhe. Dieser Tempel mit seiner 48 m hohen vergoldeten Statue liegt nahe am Rand der Klippen, von denen man einen sagenhaften Blick auf die gegenüberliegenden Bergketten hat, wenn das Wetter gut ist. Doch leider sehen wir nur eine weiße Wand.
Beim Abstieg übernachten wir auf 1.752 m im Kloster Magic Peak. Nachts träumen wir vom Treppen steigen.
Dieser Teil der Strecke ist wunderschön, denn es sind hier kaum Touristen unterwegs und die Natur gigantisch. Wasserfälle, klare Bäche und Regenwald. Ab und zu ein tibetischer Makake, an dem wir schnell vorbeihuschen.
Der Abstieg erweist sich als viel schwieriger, denn wir haben schon oben Muskelkater und die insgesamt nun 18.000 Treppenstufen geben uns den Rest. Unsere Muskeln erinnern uns die nächsten 7 Tage lang an diesen Berg.

Wir radeln weiter Richtung Süden, Richtung Kunming, und kommen immer wieder an großflächigen Bambushängen vorbei. Aus diesen dringt ein Gezirpe und Gezwitscher — Tropenmusik.
Die Strecke fordert uns, denn sie ist sehr hügelig. Dazu kommt das schwülwarme Wetter. Mittlerweile sind wir froh, wenn vor uns ein Tunnel auftaucht und uns einen Pass erspart.

Die Fahrt führt entlang eines breiten Flusses, den wir auf unserer Chinakarte nicht lokalisieren können. Klare Bäche, die aus schönen Seitentälern hier einmünden, ab und zu ein toller Wasserfall.

China_3 Schluchtendamm

Immer wieder fragen wir die Bevölkerung und auch an einem Polizeicheckpunkt nach dem Weg nach Kunming und werden in diese Richtung geschickt.
Wir wundern uns, dass der Straßenverkehr abgenommen hat und wir keine Straßenbezeichnung mehr sehen. Dann, nach ca. 100 km stehen wir vor einem überdimensionalen Plakat mit der Aufschrift „Drei-Schluchten-Damm“. Hat nicht Luki, der Freund einer Tochter von Martin, sein mündliches Abitur darüber gehalten? Ja, freuen wir uns und machen ein Foto von dem Plakat für ihn.

Nichts ahnend schieben wir unsere Räder zum dortigen Polizeicheckpunkt. Der Ordnungshüter winkt uns schon heran und wir erfahren mit ein paar energischen Handbewegungen, dass unsere Fahrt hier zu Ende ist. Sackgasse! Kein Durchkommen für Touristen zum umstrittenen Drei-Schluchten-Damm. Sperrgebiet, was uns nicht sonderlich wundert, denn auch Internetdienste wie facebook, youtube, google und viele blogs mit themen zu Tibet, den Uiguren usw. sind für uns gesperrt.

Es wird telefoniert und nach einer halben Stunde kommt ein Offizier, der ein spärliches Englisch spricht um uns zu dolmetschen. Wir erfahren, dass wir zurück müssen – 198 km meint er – um wieder auf unsere Route zu kommen. Letztendlich, nach mühsamem hin und her, wird uns gesagt, dass uns auch ein Bus zurückfahren kann. Wir haben Glück, denn kurz danach können wir einen Reisebus besteigen, unsere Räder verladen und es geht zurück auf unsere Route. Ein schöner ungeplanter Ausflug zum Drei-Schluchten-Damm, von dem wir einen Teil aus der Ferne sehen konnten.

So fahren wir bei strömendem Regen nicht mit unseren Rädern in die nächste Provinz Yunnan, sondern mit dem Bus.

Bus in Sichuan:
Hanzhong – Chengdu:   450 km
Irgendwo im Niemandsland beim Drei-Schluchten-Damm, vermutlich bei Leibo – Zaotong: 200 km

Fotos von China Sichuan:

69_china_nach-qianwei

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