China Yunnan 2014

Yunnan: viel Staub und Schlamm!

Es vergeht kein Tag an dem wir nicht durch kilometerlange Baustellen fahren müssen. Hier ein Auszug aus dem Reisetagebuch:
„Der Staub, den wir gestern noch in Massen einatmen mussten, liegt heute in Form von Schlamm unter unseren Rädern. Es hat geregnet und die Staubpiste hat sich in ein Schlammloch verwandelt, in dem selbst die schweren Lkws nicht mehr durchkommen.
Als es dann noch bergauf geht und unsere Räder sich kaum noch bewegen lassen, drehen wir um und nehmen kurzerhand die für Fahrräder verbotene Autobahn. Dem Kontrolleur an der Mautstelle zeigen wir die Fotos von der Schlammpiste und deuten auf unsere eingedreckten Räder und Schuhe. Wir verstehen ihn nicht, diskutieren auch nicht lange, sondern radeln einfach los.“

Ähnliche Bedingungen haben wir immer wieder in China und unsere Fahrräder sind hohen Belastungen ausgesetzt. Die Landstraße G323 ist auf 50 km am Stück eine Baustelle, später eine neue hergerichtete Autobahn mit Fahrradstreifen.

Für uns stellt es sich so dar, dass ganz China eine einzige Baustelle ist.

Yunnan_Richtung Kunming

Überall werden gleichzeitig neue Hochhaussiedlungen mit bis zu 50 Hochhäusern gebaut, Landstraßen erweitert, Autobahnen neu gebaut, Zugstrecken erneuert. Eine unvorstellbar große Menge an schweren Lkws transportiert dazu die Materialien. Alle Lkws sind gnadenlos überladen und verlieren unterwegs entweder ihre Ladung oder kippen manchmal auch um.

Yunnan_bei Jingning G213

Dazu kommen Abgaswolken wenn wir überholt werden, speziell bergauf.
Für uns ist es kein Spass hier herumzuradeln und wir sind froh als wir das erste Schild mit der Aufschrift „Hekou 202 km“, die chinesische Grenzstadt zu Vietnam, sehen.

Die Sehenswürdigkeiten in Yunnan liegen hauptsächlich im Westen im Bergland. Die Tigersprungschlucht (tiefste Schlucht der Welt), Dörfer in denen man die „ursprünglichen“ Dorfbewohner „besichtigen“ kann, schöne Reisterrassen….wir verzichten darauf diese Attraktionen zu besuchen, denn nach unseren bisherigen Erfahrungen spielt sich dort ein kommerzieller Touristenrummel ohnegleichen ab. Was wir sahen wirkt auf uns aufgesetzt und unecht, eine Mischung aus Disneyland und Plattensee.

Sehr schön war für uns die Fahrt durch die bewaldeten Berge zwischen Tonghai und Jianshui mit vielen klaren Bächen und wenig Verkehr. Später im Tal wurden Lotusfelder bestellt.
Doch die schönen Streckenabschnitte mit einigermaßen guter Straße sind rar.

Da wir abends völlig eingestaubt und eingedreckt sind nehmen wir uns abends regelmäßig ein Hotelzimmer. Dies bietet auch die Chance etwas Fussball-WM anzuschauen.
Die Chinesen spielen zwar nicht mit, bringen aber den ganzen Tag auf CCTV5 Spielausschnitte, WM-Quiz und in der Nacht die Spielübertragungen (um 00.00, 03.00, 06.00 a.m.) Wir schauen uns mit chinesischem Fifa-Bier u. a. die Deutschlandspiele an.
Immerhin durften die Chinesen die Fußbälle produzieren, wie wir aus dem TV erfahren….

Ein weiterer Grund sich ein Hotelzimmer zu nehmen ist, dass jeder Zentimeter Erde bepflanzt ist oder wenn dies nicht der Fall ist, vermüllt ist. Es regnet viel und heftig, was die Suche nach einem geeigneten Zeltplatz erschwert.
Findet man einen geeigneten Platz, wird man nicht unbedingt willkommen geheißen. Es ist das erste Mal seit Beginn unserer Reise, dass wir solche Erfahrungen machen durften.
Wir haben den Eindruck, dass die Landbevölkerung Angst vor uns hat. Es wundert uns dann nicht mehr, wenn wir die Bilder im TV sehen, die dauernd über „Feindschaft mit den USA, Japan, Vietnam und den Philipinen“ berichten. Hält man uns für Amerikaner?
Es scheint sowieso kein anderes Land mit „Langnasen“ in der Welt zu geben. Deutschland („Dö Gwa“) oder Europa sind ziemlich unbekannt.

Mehrmals machen wir auch die kurze Bekanntschaft mit Leuten – Professoren, Lehrer –  die etwas Englisch sprechen. Oft werden wir gefragt, weshalb wir nicht nach Tibet radeln. Dort wäre die Luft gut und das wasser klar. Viele Chinesen würden deshalb dorthin radeln. Uns erstaunt, dass nicht bekannt ist, dass es für uns Individualreisende nicht möglich ist nach Tibet zu radeln. Die politische, religiöse oder kulturelle Lage war unseren Gesprächspartnern entweder unbekannt oder unwichtig.

In Kunming verbringen wir 5 Tage damit auf das Vietnamvisa zu warten, das wir ohne Probleme bekommen. In dieser Zeit checken wir die Fahrräder, bringen die Ausrüstung in Ordnung und erwerben einen neuen Fotoapparat, da der alte rumzickt.
Die Stadt ist hochmodern. Viele Hochhäuser mit blinkenden Lichtern, jeder 5. Laden ein Ipod-Shop, gigantische Flachbildschirme an den Hausfassaden auf denen Dauerwerbung läuft, moderne Metro und viele Modeläden. Wir finden MC-Donald und daneben KFC. Nichts wie weg! Die englischsprachige Werbung an vielen Shops lässt leider keine Rückschlüsse auf Englisch sprechende Chinesen zu.
Doch es gibt auch schöne Parks mit hergerichteten gut aussehenden Tempeln und Pavillons.

Yunnan_Kunming_Yuantong Tempel

Nach Sonnenuntergang tanzen hier jung und alt, um sich fit zu halten.

Wir radeln auf direktem Weg weiter Richtung chinesische Grenze. In Mengzi besuchen wir den Markt. Schon lange vorher haben wir uns die Frage gestellt, ob die Chinesen wirklich Hunde essen oder ob es sich um ein Gerücht handelt. Nun denken wir, wir sehen nicht recht. Vor uns liegen halbe gekochte Hunde, mit Schwanz und Füßen. Die Köpfe können auch gekauft werden. Kein Kommentar! Zwei Tage später sehen wir einen Lkw mit Hunden vor einer Schlachterei stehen…

Eine andere Delikatesse, die man im Supermarkt kaufen kann sind Hahnenkämme und Hühnerfüße in verschiedenen Saucen. Wir können es uns verkneifen dies zu probieren.

Während unserer letzten drei Tage zeigt sich China aber von seiner schönsten Seite: wunderschöne Landschaft, neue breite Strasse, wenig Verkehr und Sonnenschein.

Yunnan_vor Hekou

Wir kommen gut voran und machen täglich ca. 100 Kilometer. Die Strecke führt durch Bergland, vorbei an kleinen Dörfern der Yi, einer Minderheit welche hauptsächlich vom Obstanbau lebt.
Dementsprechend wurde viel gerodet und Bananenplantagen prägen das Bild.
Wir fahren viel bergab und das Klima ändert sich. Es ist heiß und sehr schwül. Im Schatten messen wir 38 Grad und Wir schwitzen wie in der Sauna, selbst auf der Ebene. Vor Hekou wachsen neben Bananen, die gerade geernet werden, auch Mangos, Papayas, Ananas, Jackfrucht und Lychies. In Hekou selbst hat es nachts um 21.00 Uhr noch 32 Grad.

Aus einer Email an eine Freundin nach Herrenberg:
Liebe S…!
…Leider hatten wir mal kein internet mehr, ein anderes mal keinen Strom im Hotel und heute wollten wir zur Post um das Paket abzuschicken. Die Chinesin am Schalter hat null und nada verstanden. Es ist wirklich eine Katastrophe hier. Du kommst in einem Hotel an und die schauen dich nur an. Du sagst „room“ machst ein Zeichen für „schlafen“. Sie verstehen nix. Du malst ein Bild: 2 Männle, 1 Bett + 1 Haus. Haaa!!! die Erleuchtung! Wir wollen da schlafen! Die Rechnung wird gleich in Angriff genommen. Wir sagen „nein“ erst wollen wir wissen wieviel es kostet! Nix verstanden. Wir zeigen Geld. Nix verstanden. Wir schreiben auf ein Blatt 60 RMB? Haaa!! Sie wollen den Preis wissen. Ach so! Ich sags dir: Katastrophe! Martin meint das Paket würde nie ankommen. Wir werden es aus Hanoi wegschicken.
Und so geht es fast jedes Mal wenn wir etwas checken wollen. Ein Zugticket? ohjemine! du kommst, hast alles vorbereitet: Zugnummer, Bahnhof etc. zeigst es stolz der „netten „Frau am Schalter und sie? sie winkt einfach ab. Du probiert’s mehrmals in allen Variationen: Datum andern z.B. nix geht. dann kommt eine andere Angestellte die 3 Wörter Englisch kann und sie sagt es geht nicht, weil der Zug nicht um 22:34 fährt sondern um 23:12!!!! ohjemine!!!! du brauchst Nerven!….

19 km vor Hekou wird Agnès von einem Polizeiauto gestoppt und wir werden zum ersten Mal in China kontrolliert. „Wo soll es hin gehen?“ werden wir gefragt. Na ja, die Straße führt ausnahmslos nach Hekou und weiter nach Vietnam 😉

Die Grenze nach Vietnam wollen wir am Sonntag, den 29. Juni 2014 passieren. Bald würden wir unser erstes großes Ziel Hanoi erreichen. Aber unsere Räder sind schwer mitgenommen. Das Fahrrad von Agnès hat einen breiten Riss im Mantel, ein Lager klappert und die Pedale drehen sich beim Schieben mit. Der Mantel am Hinterrad von Martins Rad wurde zwar geflickt, aber durch den starken Druck auf den Mantel zeigt sich eine fast eigroße Auswölbung und das Rad läuft nicht mehr rund.
Werden wir Hanoi so erreichen können?

Bus in Yunnan:
Daibu – Kunming: 170 km

Fotos von China Yunnan:

19_china_yunnan_bueffel

Bild 16 von 21