Turkmenistan – im Turbotransit
Kurz vorweg, wir haben Turkmistan in 3 Tagen geschafft. Aber wie?
Wir sind am 19.11. pünktlich wie die Maurer, um 8.00 Uhr, zur Grenzöffnung an der iranischen Grenze. Die halbherzige Zollkontrolle haben wir schnell hinter uns. Dann geht es zur Polizeikontrolle. Unsere eintägige Visaüberziehung spielt keine Rolle mehr. Der Polizist donnert die Ausreisestempel in die Pässe und weist uns den Weg Richtung Turkmenistan. Bis zum Schluss haben wir gute Erfahrungen mit der iranischen Polizei gehabt.
Gegen 9.00 Uhr (10.30 Uhr turkmenische Zeit) sind wir beim turkmenischen Zoll. Hier soll es ganz streng ablaufen, wir hörten auch schon von Schikanen. Aber das Gegenteil war der Fall. Ein englisch sprechender Zöllner erklärt uns alles und uns wird beim Ausfüllen der 2-fachen Zollerklärung geholfen. Die Einreisegebühr in Dollar ist schnell bezahlt. Nun müssen wir noch das ganze Gepäck röntgen lassen und ein kurzer Blick in jede Tasche geht schnell vorbei. Nun ist es 11.30 Uhr und unserTurbotransit durch das Land kann beginnen.
Erstaunlich für uns ist, dass gleich nach der Grenze die Leute asiatische Gesichtszüge haben und sich ganz anders verhalten. Sie kommen uns im Vergleich mit den Iranern viel reservierter vor. Als wir 3 Tage später an der Grenze sind, denken wir dass wir gerne viel länger geblieben wären, da die Turkmenen uns gut gefallen haben. Doch längere Visa als 3 oder 5 Tage erhalten nur Gruppenreisen. So ist gewährleistet, dass die Turisten möglichst wenig Kontakt mit der Bevölkerung haben.
Agnès freut sich, dass sie ihr Kopftuch abnehmen kann und bunt angezogene Frauen sieht, die uns auch anreden und mehr am Leben in der Öffentlichkeit beteiligt sind.
Wir radeln auf der Wüstenstraße Sarakhs in Richtung Mary.Von hier aus versuchen wir baldmöglichst per Anhalter weiter zu kommen und siehe da, fast alle Autos halten an. Doch sie interpretieren es falsch und denken wir brauchen Orientierungshilfe oder sie fahren nicht sehr weit. Doch plötzlich kommt ein Kleinlaster, der bis Mary durch die Wüste fahren will und der uns mitnimmt. Die Räder sind schnell verstaut und wir sind froh, dass wir 170 km in einem Rutsch schaffen werden.
Nach wenigen Kilometern kommt ein Polizei-checkpoint. Alle müssen austeigen – Pässe zeigen. Wir werden in ein wichtiges Buch eingetragen! Jedenfalls trägt der schlecht gelaunte Polizist unsere Vornamen dort ein. Das mit den Nachnamen blickt er nicht. Auch scheint er noch nichts über Europa gehört zu haben, denn es ist für ihn ein Rätsel dass eine Französin und ein Deutscher zusammen reisen können. Vermutlich konnten wir dieses Rätsel auch nicht für ihn lösen, denn er verlangt dass wir die Räder von dem Laster nehmen und uns per Rad in die Wüste begeben. Eine Weiterfahrt per Anhalter ist uns versagt. Wir sind ausgesetzt und sauer….
Also radeln wir weiter und stellen schnell fest, dass die Strecke nicht nur an Schweizer Käse (Löcher im Asphalt ohne Ende) erinnert, sondern außer von uns so gut wie von niemandem befahren wird. Dafür sehen wir Wüstenfüchse, Streifenhörnchen und eine prächtige Schlange in dieser schönen Wüstenlandschaft. Auch scheint die Sonne und es ist bis zu 20 Grad warm.
Erst nach 2 Stunden radeln kommen 2 Lkw! Wir halten den ersten an und er ist bereit uns bis nach Mary mitzunehmen. Die Räder und das Gepäck reichen wir dem Fahrer nach oben auf die Ladefläche in ca. 3 Meter Höhe, dann geht es los, Über Stock und Stein im ersten und zweiten Gang. Durch Hunderte von tiefen Löchern. Wir werden gut durchgeschüttelt und bangen um unsere Räder, von den wir nicht wissen auf was sie liegen und ob sie überhaupt noch liegen. Wird der Weg zu schlecht, verlässt unser Fahrer den Asphalt und fährt neben der Straße auf der Sandpiste weiter.
Die Sanddünen neben der Fahrbahn nehmen zu und passend dazu sehen wir die erste Kamelherde!
Die Fahrt für 130 km dauert etwa 4 Stunden!
Doch wir freuen uns als der Fahrer uns zu sich zum Abendessen und Übernachten einläd.
Kurz vor Mary angekommen, scheint unser Fahrer sich an dieses Angebot nicht mehr zu erinnern, denn er fragt uns wie wir weiterfahren und ob wir bei einem Restaurant aussteigen wollen. So ergibt es sich, dass wir ganz plötzlich in der Dunkelheit etwa 5 km vor Mary abgesetzt werden. Doch wir haben Glück! Der Restaurantbesitzer ist sehr nett und erlaubt uns hinter seinem Haus zu zelten. Dafür essen wir bei ihm – leckeres Hähnchen in Sauce mit Brot und Tee.
Wir fallen froh in unseren verdienten Schlaf, denn wir haben unser erstes Ziel (170 km am ersten Tag) erreicht.
Tagsdarauf radeln wir in die Innenstadt von Mary (130.000 Einwohner) und wundern uns über die Prachtbauten mit den übergroßen Bildnissen des „Präsidenten“, sowie der 6 spurigen Straße und der Pferderennbahn mit einer gewaltigen Säulenkonstruktion. Edle Pferderennbahnen sollen wir noch mehr zu sehen bekommen. Wir hörten, dass dies ein Hobby des Präsidenten sei.
In Mary nehmen wir die Verhandlungen mit einer Gruppe von Taxifahrern für die Weiterfahrt bis Turkmenabad (ca. 300 km) auf. Die Preise beginnen bei 100 Dollar und nach einer halben Stunde hartnäckiges Feilschen sind wir bei 50 Dollar angelangt. Doch das Verladen der Räder birgt Probleme, Toyota und Opel versagen. Ein Lada wie damals in Armenien muss her – oder ein Kombi. Endlich steht ein Kombi bereit und der Preis wird neu verhandelt. Man einigt sich auf 60 Dollar. Doch nun stellt sich heraus, dass der Fahrer erst um 17 Uhr losfahren möchte. Unsere Uhr zeigt 12.00 Uhr!! Das darf och nicht wahr sein. Andere Taxifahrer organisieren nun einen Toyota Space Waggon, einen 7 Sitzer. Da passen unsere Räder locker rein! Geschafft! Denkste. Der Fahrer hält nach der ersten Kreuzung an und man stellt fest, dass der Tankzeiger auf Reserve steht. Wir sollen in Vorauszahlung für Benzin gehen? Der Fahrer will 30 Dollar im Voraus. Weitere Gespräche finden statt — was wenn ein sturer Polizist uns anhält und der Meinung ist dass wir nicht Taxifahren dürfen?? Es gibt letztendlich keine andere Lösung für uns als in Vorauszahlung zu gehen. Wir übergeben ihm 30 Dollar, die er auf dem Schwarzmarkt schnell in Manat wechselt, dann wird getankt und endlich geht es los. Jedoch bemerken wir, dass unser Fahrer nur 30 Liter für 6 Euro tankt. (1 Liter Benzin kostet 20 Cent) Die Straße ist ab Mary etwas besser und wir erreichen die Vororte von Turkmenabad nach 3 Stunden Fahrt. Das Benzin hat gerade so gereicht. Da es früh dunkel wird, schauen wir uns gleich nach einem Zeltplatz um und finden ein prima Strohfeld etwas abseits der Straße. Kaum steht das Zelt, bekommen wir Besuch von einem Bauern, der sich als Besitzer des Strohfeldes vorstellt. Kein Problem für uns sei es auf seinem Feld zu zelten, doch es würde kalt werden, meint er. Tatsächlich haben wir im Vergleich zum Vortag 10 Grad weniger. Wir liegen in unseren Schlafsäcken, als wir von der Familie des Bauern noch mit Brot, Butter, Wurst, selbst eingelegten Gurken, Zitronen und Bonbons versorgt werden – super nett! Später werden wir nochmals geweckt und der Bauer versucht uns etwas zu sagen. Da wir nichts verstehen und das Zelt nicht mehr verlassen, wundern wir uns als wir am nächsten Tag bemerken, dass der Bauer lauter Heuballen um unser Zelt aufgeschichtet hat um den Wind abzuhalten. Wir sind echt gerührt.
Die Nacht brachte Minusgrade, denn nicht nur das Zelt und die Räder sind mit Reif überzogen, auch die Wasserflaschen im Vorraum sind eingefroren. Der Bauer besucht uns nochmals am Morgen und die ganze Familie ist versammelt, als wir weiter radeln, um uns Tschüss zu sagen.
Wir radeln durch Turkmenabad und ein turkmenischer Autofahrer lotst uns mangels Ortschilder mit seinem Auto durch die Stadt.
Kurz darauf besuchen wir einen schönen turkmenischen Markt und wir staunen über die vielfältige Ware und die Farbenpracht. Vor allem über die bunten Gewänder der Frauen und dem vielen Gold in ihren Kiefern.
Eigentlich müssten wir nach 20 km die Grenze erreichen, denken wir. Doch die Strecke zieht sich und unsere Karte scheint da nicht zu stimmen. Wir fragen uns durch, denn Schilder gibt es nirgendswo.
Nach 4 Stunden Fahrt sehen wir die ersten Lkws vor der turkmenischen Grenze stehen. Eine 7 Kilometerlange Lkw-Schlange bis zum Horizont, die auf ihre Abfertigung warten. Die Fahrer tun uns leid als wir an ihnen vorbei radeln.
Um 14.30 Uhr erreichen wir endlich die Grenze. Sowohl die turkmenische als auch die usbekische Grenzen schließen um 16.00 Uhr. Wir füllen die Deklaration aus und können ohne Gepäckkontrolle Turkmenistan verlassen.
2 km weiter kommt die usbekische Station. Dazwischen Stacheldraht, ein Fluss, Stacheldraht und Kontrollen. Man könnte nicht meinen, dass diese Länder mal zu Sowjetzeiten zusammen gehörten. Von den turkmenischen Polizisten oder Soldaten werden wir auf dieser Strecke noch 3 Mal kontrolliert und müssen unsere Pässe zücken. Die patrouillierenden stark bewaffneten Soldaten sind sehr jung und die Gespräche drehen sich um Fussball und Autos.
Werden wir die usbekische Grenze noch vor Ladenschluss erreichen? Oder werden wir in einer Kontrollflut die Schlusszeit verpassen? Denn mittlerweile ist es schon 15.30 Uhr!
unsere Fotos zu Turkmenistan: