Ukraine 2013 – Teil 2

Dieses Mal erfolgt die Einreise in die Ukraine ohne „Probleme“. Der Grenzbeamte schaut auf den Tageskilometerstand beim Tacho von Martin, streckt den Daumen nach oben, meint „very good“ und winkt uns durch.
Vor der Millionenstadt Odessa nehmen wir über „warmshowers“ Kontakt mit Nils einem englisch sprechenden Ukrainer auf.

Weg nach Palivka

Noch am Abend treffen wir bei Nils in Palivka ein und können unser Zelt dort im Garten aufbauen. Wir führen sehr interessante Gespräche und kochen zusammen. Es stellt sich heraus, dass dieser Teil der Ukraine vor allem von Russen bewohnt wird. Während westlich der Karpaten russisch nicht sooo gerne gehört wurde, ist es hier genau wieder andersherum. Fast jeder spricht russisch und in und  um Odessa sieht man auch viele russische Touristen.

Odessa

Am Tag darauf radeln wir in die Großstadt Odessa mit der schönen Kathedrale, den vielen Parks und der Standpromenade. Agnès fühlt sich besonders wohl, da die Stadt französischen Flair hat, mit ihren vielen Passagen und der Architektur.
Es ist mal wieder Wochenende und wie jedes Mal sehen wir viele Hochzeitspaare. Die Hochzeiten scheinen ein Vermögen zu kosten, denn es werden Oldtimer und Luxuslimousinen angemietet – mit Kennzeichen „just married“. Fotoshooting an besonders schönen Orten ist Standart. Danach geht es zur Party in einen angemieteten Saal, Liveband natürlich inklusive.

Wir sehen zum ersten Mal das schwarze Meer und sind schon irgendwie stolz in fast 6 Wochen hierher – 2.904 km – geradelt zu sein.
Auf ein Bad im Meer verzichten wir erst einmal. Es ist uns einfach zu voll. Die Leute stehen Schulter an Schulter.

Der Aufenthalt in der Ukraine hat uns sehr gefallen, denn die Leute sind sehr herzlich und hilfsbereit. Nicht selten schenkte man uns Obst und Getränke und war interessiert über unsere Reise.

Wir wollen die Fähre nach Georgien nehmen und machen uns am Samstag 17.08.13 auf die Suche nach der Fährstation.
Nach langem Hin und Her finden wir die Ablegestelle. Wie uns dort gesagt wird ist es jedoch nicht möglich dort die Tickets zu kaufen. Nach nochmals langem Hin und Her finden wir dann 2 km entfert die Ticketverkaufsstelle, welche mittlerweile geschlossen war. Am Sonntagfrüh ab 9 Uhr war es möglich die Tickets nach Poti / Georgien zu kaufen. Boarding sollte ab 12 Uhr erfolgen. Tatsächlich war es dann so, dass wir erst gegen 16 Uhr an Bord durften. Die Beladung des Schiffes dauerte dann noch bis spät in die Nacht. Es werden unzählige LKWs, Züge, Pkws und unsere kleinen Räder mitgenommen. Wann wir ablegten wissen wir nicht, denn da haben wir schon geschlafen.

Wir genießen die Zeit auf der Fähre (3 Nächte) mit schöner Kajüte mit Blick auf das Meer, Vollpension und Dusche.
Wir lernen Alp, einen Kirgisien-Fan, kennen, der uns von seinen Reisen erzählt und wir verstehen uns gut.
Das Wetter ist nach wie vor gut und von einem Wellengang ist nichts zu spüren.
An zwei Tagen sehen wir Delphine. Einmal kommt ein ganzer Schwarm auf das Schiff zu, dann schwimmen und springen sie nebenher.

Heute schon Schwein gehabt?

Wir sind schon fast auf der Fähre als uns ein großer Truck auffällt, der etwas abseits abgestellt wurde, und der in der Mittagshitze  das Fährhaus mit seinem Geruch überzieht. Aus dem Truck ertönt lautes Gequieke. Ein Schweinetransporter! Der will doch nicht etwa auch auf die Fähre?
Es ist Abendstimmung und wir sitzen auf dem Panoramadeck. Ein deja vue! derselbe Geruch – dasselbe Gequieke!
Der Schweinetruck ist 50m vor uns, ganz am Ende der Fähre auf Deck 2!
Wir diskutieren mit Alb darüber, ob man nicht den Tierschutzverein oder die EU mit einem kleinen Video über diesen schrecklichen Tiertransport informieren sollte. Das Gequieke geht einem richtig unter die Haut.
Mittlerweile geht die rotglühende Sonne hinter dem Schweinetruck unter.

Szenenwechsel: Wir gehen zum Abendessen und steuern einen Tisch an, an dem noch 3 freie Plätze sind. Unser Tischgenosse grüßt uns freundlich auf Deutsch – er stamme aus Ungarn. Kaum zu glauben, dieser nette Kerl ist der Chauffeur des Trucks?
Während den 7 weiteren Mahlzeiten, bei denen auch immer wieder Schweinefleisch serviert wird, reden wir über Schweinetransporte und werden schließlich selbst zu einer Art „Schweinetransportexperte“.

Wir wollen euch folgende wichtigen Infos nicht vorenthalten: Er transportiere 125 Schweine von Ungarn nach Georgien. In Georgien sei der Schweinepreis ca. 10 Mal höher als in Ungarn. Überall würden trotzdem Schaschlikspieße verkauft. Nun hätte er ein Problem mit der Wasserversorgung auf dem Schiff, da dies nicht richtig geregelt wäre und der Kapitän ihm für die Schweine nur 2x täglich eine halbe Stunde lang Wasser zur Verfügung stellen würde, obwohl er 3.600 Dollar für die Fahrt bezahlt hätte. Zum hohen Fährpreis meinte er, dass es keine andere Route geben würde. Die muslimischen Länder hätten ein Schweinedurchfahrtsverbot und es gäbe lediglich den Weg über das Schwarze Meer. Deshalb hätte die Schwarzmeerflotte auch ein Monopol. Keiner würde soviel bezahlen wie er. Schweinetraße? Wir dachten wir näherten uns der Seidenstraße!

Auf unsere Frage, wieso er nicht eingefrorene Schweinestücke transportieren würde, meinte er, dass er nur die „Mama-Schweine“ transportieren würde und diese zwar um Steuern zu sparen als Schlachtschweine deklariert seien, jedoch in echt für die Zucht bestimmt sind. Jede Mama würde 3 Mal ca. 13 – 15 Ferkel werfen und diese könnten nach einem halben Jahr geschlachtet werden.

Szenenwechsel 2. Tag: Nun sind es nur noch 124 Schweine. Eines wurde im Schwarzen Meer entsorgt nachdem es kolabierte!
— wir fragen uns ob es im Meer Haie gibt??

Beim Frühstück mit Schweinewürstchen (Agnès schiebt mir ihres auf meinen Teller) ist der Ungar sehr verärgert, denn für fehlende Fracht ist in Georgien eine hohe Strafe fällig. Ein Schwein wäre zu verkraften, aber mehr dürften es nicht werden, denn der Truck sei genau gewogen worden.

Papaschwein kümmert sich jeden Tag stundenlang um seine mit Ventilatoren gekühlten Mamaschweine. Der Geruch ist während der Fahrt nicht vorhanden und das Gequieke nicht mehr zu hören. Wir können den nächsten Sonnenuntergang genießen.
Wird es noch mehr tote Schweine geben oder haben die anderen Schweine Schwein gehabt?

unsere Fotos zur Ukraine Teil 2:

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