Unsere Route durch Frankreich mit seinen Departements:
Bonjour bonjour!
Am Freitag 29. April 2016 reisen wir über Chalampé nach Frankreich ein. Wir wollen dort den Eurovelo 6, den Radweg der von Nantes bis zum Schwarzen Meer führt, nehmen. Doch gleich nach der Grenze endet der Radweg. Es gibt nur noch die vielbefahrene Nationalstraße auf die wir absolut keine Lust haben. Agnès spricht einen Straßenradfahrer an, der sich die nächste Stunde um uns kümmert. Er zeigt uns einen Weg durch den Hardtwald vor Mülhausen, den wir nie gefunden hätten. Bald darauf sind wir an der Brücke „Du Bouc“ am schön ausgebauten Eurovelo 6, der dort am Rhone Rhein Kanal entlangführt. Es gibt Picknickplätze, Trinkwasser und wir beschließen gleich unser Zelt am Ufer aufzubauen.
Info:
Hier fand im Winter 1944 die blutige Hardtwaldschlacht statt.
Die nächsten Tage sind wir sehr positiv überrascht über den gut ausgeschilderten Radweg Eurovelo 6 und den guten Zustand der Piste. Über hunderte von Kilometern ist man weg vom Autoverkehr und die Strecke ist flach. Wir treffen viele andere Radreisende, die zum Teil auch lange unterwegs sein wollen. Ansonsten sind die üblichen Rennrad- bzw. Straßenradfahrer unterwegs und wir kommen aus „bonjour bonjour“ sagen nicht mehr heraus.
Info:
Der Canal du Rhone au Rhin wurde 1803 im Sundgau/Südelsass von spanischen Gefangenen begonnen und erst 30 Jahre später fertig gestellt. Vielen spanischen Gefangenen gelang die Flucht, da einer Geschichte zufolge auf einen französischen Aufpasser 250 Gefangene kamen. 1814 kam der Krieg und die Bevölkerung verwendete die Baustoffe für ihre Häuser. Nachdem der Kanal dann fertig war, wurde festgestellt, dass er undicht war. Es dauerte noch 2 Jahre bis er beschiffbar war. Damals gab es noch den Beruf des „Schiffziehers“ der die Boote per Hand den Kanal entlang zog. Auf seinem harten Arbeitsplatz – er zog etwa 25 km pro Tag – radeln wir heute unbeschwert dahin.
Toll ist die Natur. Alles steht in voller Blüte und das Grün ist sagenhaft. Leider ist das Wetter die ersten Tage sehr wechselhaft. Sonne und Regen, Wärme und Kälte geben sich die Hand. Schön dass wir zweimal einen trockenen Platz unter einem Pavillon zum übernachen finden.
So ist auch der 1. Mai ein völlig verregneter kalter Tag, mit Höchsttemperaturen bis zu 6 Grad, so dass man außer den
Maiglöckchenverkäuferinnen keinen Menschen auf dem Weg trifft.
Das Fahrrad von Agnès muckt, denn wir haben ein zu kleines mittleres Kettenblatt vor der Abfahrt montiert. Erst dachten wir, dass es gut gehen würde, doch noch im Elsass hat Agnès nur noch 5 Gänge zur Verfügung.
In Montbéliard besuchen wir die Innenstadt. Dort steht ein beeindruckendes Schloss der württembergischen Herzöge. Von Cherval bis Besancon verläuft der Radweg zwischen dem Fluss Doubs und imposanten Kalksteinfelswänden.
Von weitem sehen wir die Festung von Besancon. Der Eurovelo 6 führt durch einen Kanaltunnel unterhalb hinduch.
Nun ist es an der Zeit das Rad von Agnès auf Vordermann zu bringen und wir sind auf Suche nach einem guten Fahrradhändler. Den finden wir in der Rue de Dole, Cycles Chevallier. Das Kettenblatt ist für 21 Euro ruckzuck gewechselt und Agnès hat wieder ihre 30 Gänge.
Info.
Die Doubs ist der viertlängste Fluss Frankreichs mit 453 Km und mündet bei Verdun sur Saone in die Saone. Das Wort Doubs kommt vom keltischen „Du“ = schwarz.
Eine schöne Altstadt bietet Dole nebst Stiftskirche mit einzigartiger Orgel und Kapelle, in welcher schon einige Wunder geschehen sein sollen.
Der Weg hierher führte durch alte Platanenbestände, deren Äste einen grünen Tunnel bilden.
Nach Dole fahren wir im Burgund. Es ist flach und wir zelten direkt am Kanal, wo wir unsere erste Flasche Rotwein genießen.
In Verdun wo die Doubs mit der Saone zusammenfließt treffen wir Jean, einen Elsässer der auch 3 Monate in Frankreich radeln möchte. Eine nette Begegnung.
Die Radwege werden im Burgund schlagartig schlechter, was den Belag und die Beschilderung betrifft. Der Name des Eurovelo 6 ändert sich zu „Voie bleue“. Es gibt Schäden und Verschmutzung durch Hochwasser, doch alles in allem ist es schön weg vom Autoverkehr zu sein. Wir sehen viele Störche und brütende Schwäne und brütende Graureiher. Ein Schwan hat es sich nicht nehmen lassen mitten auf dem Radweg sein Nest zu bauen. Jeder vorbeifahrende Radler wird zur Begrüßung angezischt.
Für uns endet der Eurovelo 6 bzw. Voie bleue in Chalon sur Saone, wo wir den Radweg „Voie verte“ nehmen. Dies ist der älteste Radweg Frankreichs.
Fotos von Frankreich Eurovelo 6 findet ihr hier:
Voie verte:
Bei tollem Wetter geht es auf diesem Radweg weiter nach Cluny, mit seiner historischen Altstadt und der Abtei. Auf dem Campingplatz „Moulin de Collonge“ – mit überdachtem Swimmingpool – bei St. Boil bleiben wir zwei Nächte lang und bringen unsere Wäsche in Ordnung. Der Tunnel „Du Bois Clair“, der nur für Radfahrer und Fußgänger ist, erspart uns eine anstrengende Fahrt über die Berge. Dieser Tunnel und auch der gesamte Radweg war früher für eine Eisenbahnlinie. Oft radeln wir an den ehemaligen kleinen Bahnhöfen vorbei. Bei Macon überqueren wir die Saone und stellen fest, dass es erst einmal keine Radwege mehr gibt. Bis Lyon fahren wir also auf kleinen Departement-Straßen und kommen dadurch auch durch einige kleine Dörfer mit guten Einkaufsmöglichkeiten.
Kurz vor Lyon finden sich viele Restaurants am Ufer der Saone. Alle bieten Froschschenkel in verschiedensten Zubereitungen an.
In Lyon wechseln wir von der Saone zur Rhone und durchqueren so die schöne sehenswerte Stadt.
Via Rhona:
Der Radweg Via Rhona nimmt uns in Lyon auf und führt uns entlang der Rhone an der gut besuchten Promenade. Bei Sonnenschein tummeln sich hier vielen Fußgänger, Skater und Radler. Ein buntes Treiben.
Ein netter Franzose warnt uns davor, dass der beschilderte Radweg nach 4 Kilometern abrupt aufhören würde. Und so kommt es dann auch. Mitten im Park endet der Radweg vor der Rhone und es gibt keinerlei Hinweise darauf wie man weiterfahren könnte. Doch nun kommt endlich unser Smartphone in Einsatz, welches uns durch unschöne Wohngegenden und vermüllte Landstriche aus Lyon hinausbringt.
In Vienne besuchen wir die schöne Kathedrale „St. Maurice“ und das römische Amphitheater. Kurz nach Vienne finden wir wieder die Via Rhona, doch bald darauf verlieren wir sie wieder. Was für eine Beschilderung!
Die Via Rhona führt hier teilweise auf naturbelassenen Wegen über kleine Inseln. Hier sollen Biber und seltene Wasservögel zuhause sein. Diese sehen wir nicht, doch die Bissspuren der Biber und die umgestürzten Bäume sind allgegenwärtig.
Ach ja, auch die Angler sind allgegenwärtig. Eine Jahreskarte kostet in Frankreich 98 Euro und man kann mit bis zu vier Ruten überall angeln. Typisch für die Angler sind die Kastenwägen, in denen man kiloweise Fisch verstauen könnte. Doch dass jemand was gefangen hat, haben wir nie gesehen…Ach ja: und während die Männer angeln sind die Frauen auf dem Hundeerziehungplatz.
Bis Valence geht es auf dem Rhonedamm weiter. Hier ist der Gegenwind fast unerträglich und wir kommen kaum voran. Geschützter kommen wir etwas später voran, denn es geht durch Kirsch- und Aprikosenplantagen. Immer wieder regnet es und es ist kühl. Unser Zelt stellen wir am Abend in einen offenen überdachten Geräteschuppen und sind so vor dem Sturzregen geschützt.
Wir treffen immer wieder auf andere Langzeitradler und kommen viel mit ihnen ins Gespräch. Kommen Radreisen immer mehr in Mode?
Über die Hängebrücke bei Rochemaure kommen wir nach Viviers – früher Vivarium – . Die mittelalterliche Altstadt ist auf jeden Fall einen Besuch wert und soviele Touristen wie in Cluny sehen wir hier nicht.
Bei Mischwetter radeln wir nach Avignon, sehen die berühmte viel besungene Brücke und leisten uns zwei Tickets für den gotischen Palast der Päpste, der gleichzeitig an eine starke Festung erinnert. Dieser Palast war im 14. Jahrhundert der Sitz der Christlichen Welt. Hier herrschten neun aufeinanderfolgende Päpste, von denen die berühmtesten Benedikt XII. und Klemens VI. waren.
Der Rhoneradweg, kleine Straßen, aber auch eine vielbefahrene Route Nationale bringen uns vorbei an Arles und Richtung Camargue.
Fotos von Frankreich Voie Verte und Via Rhona findet ihr hier:
Durch die Camargue bis in die Pyrenäen:
Die C133 führt uns durch die Camargue, den flachsten und nässesten Landstrich im Süden von Frankreich. Klasse anzusehen sind die vielen Wasservögel zu Wasser und in der Luft. Ibisse mit ihrem krummen Schnabel, bunte Bienenfresser, fliegende Gänse und hunderte orangene Flamingos. Dazu kommen brütende Störche, die weißen Camargue Pferde und schwarze Stiere. Ein phänomenales Vogelgezwitscher weckt uns früh am Morgen auf dem Camping Municipal St. Gilles.
Die Altstadt von Aigues Morte ist zwar schön aber auch Tourismus pur. Man hört viel deutsch.
Kurz vor La Grande Motte stoßen wir ans Meer, doch das Wetter ist kalt und windig. Bei 18 Grad regnet es auch immer wieder.
Die im Stil der 70er gebauten Hochhäuser von La Grande Motte haben ihren eigenen Flair und wir fragen uns wie man hier seinen Urlaub verbringen kann.
Entlang der Küste oder entlang der Lagunenwelt geht es Richtung Westen. Der Gegenwind wird immer stärker und wir kommen nach Sete mit seinen vielen Fischrestaurants am Hafen. Bei 15 Grad Wassertemperatur wagen wir uns bis zu den Waden ins Meer, aber nicht weiter. Doch ein Spaziergang entlang des Sandstrands mit den Dünen ist auch sehr schön.
Da wir auch immer wieder bekannte Weingüter passieren, kommen wir nicht umhin auch mal einen Cotes du Rhone oder anderen Wein zu testen. Baguette und leckerer Käse dazu.
Übel erwischt es uns nach Gruissan. Der Gegenwind zwingt uns auf 5 Kilometern ebener Strecke zum Absteigen und Schieben. Doch irgendwann kommen wir in Port La Nouvelle an und zelten auf dem dortigen Campingplatz geschützt hinter dicken Hecken. Hier scheint es immer sehr windig zu sein.
Da wir bald Freunde bei heißen Quellen in den Pyrenäen treffen wollen und der Wind nicht abnimmt entscheiden wir uns von hier aus den Zug nach Perpignan und weiter nach Villefranche zu nehmen. Auf 380 Höhenmetern starten wir dann Mittags am 16. Mai in Villefranche und erreichen am Abend unser Ziel, das auf 1.300 Meter Höhe liegt. An diesem Tag ist es richtig warm und die Sonne knallt.
Fotos von Frankreich Camargue findet ihr hier:
In den Pyrenäen und den Midi Pyrenäen
Bei den heißen Quellen bleiben wir 7 Nächte und genießen jeden Tag die warmen Bäder in den klaren Becken. Das Wasser riecht leicht nach Schwefel, doch das ist gesund. Die Wassertemperaturen liegen je nach Becken zwischen 41 Grad bis 38 Grad oder kühler.
Uns tut die Woche Spa sehr gut und das Zusammensein mit unseren Freunden und deren Kindern ebenso. Insgesamt sind wir 14 Personen für die gekocht und Wasser geholt werden muss, doch es finden sich immer Freiwillige. Auch zum Holz holen, damit es abends im Tipi richtig warm ist.
Ein Highlight für jedermann, insbesondere aber für die Kinder, ist der Kuhauftrieb. Früh am Morgen hören wir die Kuhglocken und können auch mächtig stattliche Bullen bestaunen. Unsere Zelte haben wir mit Schnüren abgesperrt, welche die Kühe respektieren. Ja, und mit diesen Kühen leben wir die nächsten Tage zusammen.
Im kleinen Bergdorf, das man zu Fuß in einer halben Stunde erreichen kann, gibt es eine nette Epicerie und die Möglichkeit ein „plat du jour“, wie zum Beispiel ein leckeres „boeuf bourguignon“ zu bekommen.
An einem schönen Sonnentag machen wir zu viert eine Wanderung durch in die Caranca Schlucht (Gorges de Carança). Die Wegführung ist oft eine atemberaubende Gratwanderung mit Flussüberquerungen über Seilbrücken und Stege. Besonders beeindruckend ist der in die Felsen gehauene Weg „Corniche“ mit tollen Ausblicken in das Tal und auf die umgebenden Berge.
Fotos von den Pyrenäen:
Midi-Pyrénées:
Am Montag, den 23. Mai 2016 packen wir wieder unsere Räder und fahren erst einmal 25 km bergab Richtung Perpignan, mit dem Ziel unsere Urlaubsbekanntschaften Gauthier und Margot auf der nördlichen Seite der Pyrenäen, in der Ariege, zu besuchen. Die Beiden hatten wir auf unserer großen Reise 2013 insgesamt drei Mal zufällig getroffen und sind auch zusammen eine Woche lang geradelt.
Bei Vinca biegen wir nach Norden ab und erleben eine wunderschöne Strecke, durch bizarre Felsformationen, über den Col de Aurine, auf 600 m Höhe. Den Weg nach St. Paul kann man in Worten schlecht beschreiben. Man muss ihn erleben: kahle Felsen, dann wieder zartgrüne Weinreben, ein römisches Aquaduct, kleine verschlafene Dörfer mit alten Steinhäusern, Zypressen und klare Bäche, teilweise sogar mit Strand.
Vor St. Paul de Fenouillet entdecken wir das Kletterparadies (für andere), die Via Ferrata, und sehen wie die mutigen Kletterer in den Wänden – oder den Seilen – hängen. Wir entscheiden dass wir lieber auf unseren zwei Rädern bleiben.
Nach St. Paul folgt das nächste Highlight: die fantastische Schlucht „de Galamus“, an der sich die enge Straße entlang windet und tiefe Blicke in das Tal gestattet. Für Autos über 2 Meter breite verboten. Mitten in den Felswänden hängt hier die Einsiedelei „L’Ermitage de Saint-Antoine de Galamus„.
Nach 3 Tagen Fahrt durch diese Schluchtenlandschaften führt unser Weg zu dem unterirdischen Fluss von Labouiche, der in circa 60 m Tiefe eine Höhlenlandschaft durchläuft. Ein Skipper zieht uns mit seinem Boot durch das Labyrinth von verschiedenen Höhlen. Fotografieren ist hier verboten, doch dieser link gibt einen guten Einblick: Labouiche youtube video
Gut verschwitzt kommen wir bei Gauthier und Margot an, die auf einer Bergspitze in einer Yurte mit ihrer 2 Wochen jungen Tochter Astrée wohnen. Die Yurte haben die Beiden auf Stelzen in die hügelige Landschaft gebaut, mit einer Sicht weit über die umliegenden Berge und Wälder. Eine himmlische Lage!
Abends geht es noch auf einen „Bal“ (Tanzabend), bei welchem regionale Musik und bretonische Lieder gespielt werden. Da fühlt sich Agnès doch gleich wohl und schwingt das Tanzbein. Die kleine Astrée ist auch dabei. Doch ausruhen ist hier nicht angesagt. Tags darauf geht es zu mächtigen alten Platanen, weiter zu den Mas D’Azil Höhlen, durch die die Franzosen einfach eine Straße gebaut haben….Später schauen wir ein „Spektakel“ im Dorf an, d. h. eine Aufführung der Gruppe „Soralino“ mit ihren Keulen und Kartons.
Toulouse mit seinen rosa Häusern und der Basilika Saint-Sernin, die an einer der wichtigen Wallfahrtstrecken nach Compostela liegt, ist auch einen Besuch wert. In einem gemütlichen Café bringen wir unseren Blog etwas voran und checken unsere Mails. Hier nächtigen wir unkompliziert bei einem Freund von Gauthier und Margot, dem Franzosen Thierry, bei dem es Abends etwas zu feiern gibt. Sein Sohn Daniel wurde heute französischer Meister über 5.000 Meter Lauf. Champagner und Pizza wird gereicht.
Am 31. Mai geht es weiter und mit dem Wetter beständig bergab. Es regnet und wird kühl. Tagsüber sind 16 Grad gerade noch zu erreichen. Doch die Strecke ist schön. Entlang der Tarn, vorbei an den Weingütern von Gaillac und seiner Abtei, durch etliche mittelalterliche gut renovierte Städte bis in das Tal de la Vere. Bald wartet die nächste Schlucht auf uns: die „Gorges de la L’Aveyron“. Die Flüsse sind voll und es tropft aus allen Ritzen der Felswände. Die hier nistenden Vögel müssen auch schon völlig durchweicht sein.
Unser Weg führt duch das Lot-Tal mit seinen weißen Felswänden auf der einen Seite und den dunklen rostigen auf der anderen. Der Ort St. Cirq Lapopie hat sich oben an den Felsen hingeschmiegt, doch wir radeln unten weiter durch die Cele Schlucht.
Oft sind die Häuser direkt an den Fels gebaut. Rückwand und Dach verschmelzen mit der Felswand. Es ist hier so eng entlang der Straße, dass einfach so gebaut werden musste. Diese Schlucht ist die Lieblingsschlucht von Agnès.
Zitat Martin: Ich glaube unser Blog sollte nicht Tour de France heißen, sondern Tour de Schlucht.
Neben den vielen Schluchten gibt es noch viel mehr Steinmauern – bestimmt mehr als in Kroatien! Es ist unglaublich wie hier früher gebaut wurde und dass die vielen Trockenmauern noch stehen. Trockenmauern, Steinhäuser, Steindächer, Steinkirchen… Ansonsten führt unser Weg durch unglaublich viele Eichenwälder.
Bis heute (4.6.16) haben wir noch nicht viele Touristen gesehen. Gestern erst waren wir alleine auf dem Campingplatz. Doch nun kommen wir nach Rocamadour, bekannt vom Käse her. Hier tummeln sich die Touristen, fahren Bähnle, besuchen Abenteuerparks, Affenparks, Dinosaurierparks, die weniger Abenteuerlustigen schauen bei der Käseherstellung oder dem Kühemelken zu. Nichts wie weg!
Im Dordogne Tal werden die Eichenwälder von Walnussbaumplantagen abgelöst. In der Hochsaison ist auch hier bestimmt viel los, denn die vielen Schilder „Foie Gras“ und „Pineau des Charentes“ versprechen kulinarische Genüsse, leider aber auch Tierquälerei.
In diesem Tal reihen sich Grotten mit prähistorischem Hintergrund und Malereien wie Perlen an der Kette.
Endlich gibt es auch mal wieder einen Radweg. Zuerst bei Sarlat durch einen Wald der an grünen Dschungel errinnert, später vor Perigueux, der uns an der Isle entlang direkt in die Stadt bringt.
Die Kathedrale Saint-Front hat 18 Türme und wir denken wir sind in Istanbul.
Hier ändert sich nicht nur die Landschaft, auch haben wir die Region Midi Pyrenäen durchquert.
Unser nächstes Ziel ist die Bretagne, wo die Verwandtschaft von Agnès wohnt. Aber bis dahin sind es noch einige Kilometer.
Fotos von Midi Pyrenäen und der Charente:
Bretagne, Normandie und weiter durch Nordfrankreich:
Wir durchqueren die rebenreiche Gegend um die Kleinstadt Cognac. Weinberge soweit das Auge reicht. Eine weitere Spezialität dieser Gegend ist der berühmte Pineau des Charentes, der gerne mit Foie Gras (Gänseleberpastete) konsumiert wird. Beides wird in edlen Restaurants entlang unseres Weges angeboten.
Wir freuen uns bald in das Loire Tal abfahren zu dürfen. Bestimmt ist es dort viel ebener, mit gut beschilderten Radwegen, denken wir. Kaum im Loire Tal angekommen, müssen wir jedoch unsere Pläne ändern. Nach 1 km Radweg stehen wir vor einer Überflutung. Auch die Nebenwege stehen unter Wasser. Die Loire selbst ist zu einem braunen reißenden Strom mutiert. Es bleibt uns somit nichts anderes übrig, als nach einem Weg weitab von der Loire zu suchen. Das Wetter mit regelmäßigen Schauern und Höchsttemperaturen von bis zu 17 Grad lässt auch zu
wünschen übrig. Wir fahren somit viel auf normalen Straßen und kämpfen uns in Richtung Bretagne vor.
Das Département Loire-Atlantique (bret. Liger-Atlantel), das zur historischen Bretagne, nicht aber zur modernen Verwaltungsregion gleichen Namens zählt, wurde 1941 – mitsamt der ursprünglichen bretonischen Hauptstadt Nantes (bret. Naoned) – abgespalten.
Die Bretagne ist die größte Halbinsel Frankreichs und der westlichste Ausläufer des europäischen Festlands nördlich der Iberischen Halbinsel. Die Gallier nannten dieses Land Aremorica (bret. Arvorig), was so viel bedeutet wie „Land am Meer“.
EM Teil 1:
In Questembert schlagen wir unser Zelt auf dem Campingplatz auf und wollen abends das EM Spiel Deutschland – Ukraine anschauen. Nach einigem Suchen finden wir dann ein geöffnetes Lokal in dem Spiel übertragen wird. Die Stimmung ist „phänomenal“, denn kaum hat das Spiel angefangen, verlassen die paar Gäste das Lokal und wir sind zu zweit. Als wir in der Pause eine weitere Runde Bier bestellen wollen, meint die Chefin, dass sie nun schließen würde. Die nächsten 15 Minuten finden wir jedoch eine sogenannte „Sportsbar“, wo sich alle Sportfans treffen.
Hier schauen außer uns noch ein einziger Ukraine und ein Pole das Spiel an. Was für eine Stimmung im EM Land!
Das Wetter wird noch schlechter als wir es uns vorstellen konnten und in Vannes entscheiden wir uns dafür die letzten Kilometer mit dem Zug zu fahren. Rund eine Stunde später sind wir in der Nähe von Quimper beim Bruder von Agnès, wo wir eine Woche bleiben, in der es auch nur regnet.
Am 21.6.16 radeln wir bei nebeligem Wetter weiter. Wir wollen uns die Küste in der Nordbretagne anschauen, die wir beide noch nicht kennen.
Sehr sehenswert sind hier die Küstenabschnitte „Cote de Granit Rose“ und „Cote D‘ Emeraude“, dazwischen historische Dörfer und Städte, mit schön hergerichteten Kirchen und Kapellen. Auch stehen die Hortensien in voller Blütenpracht.
Immer wieder nehmen wir den Eurovelo 4, doch irgendwann, nach Tagen, haben wir „die Nase voll“ von ihm. Er führt uns teilweise mit riesen Umwegen durch unattraktive, langweilige Landschaft, meist bergauf und bergab, während der Autofahrer eine nahezu ebene gute Fahrbahn mit schöner Sicht auf das Meer hat. Also bleiben wir trotz Eurovelo 4 auch auf den Straßen.
Vor Cancale wagt sich Agnès doch tatsächlich ins Meer. Was der Bretonin nicht zu kalt ist, ist es dem Schwaben. Aus sicherer Entfernung schaut er sich das Eiswasserbaden an. Hey, die letzten Tage hatte es 14 Grad Außentemperatur. Vermutlich ist das Wasser noch kälter!
Schön abgekühlt und mit Rückenwind geht es nun weiter in Richtung Mont Saint Michel, zu dem wir einen Abstecher hin machen. Allerdings führt uns dieser Abstecher erst einmal über kleine Feldwege, wobei wir ein Sackgassenschild ignorierten und prompt auf einem Gemüsefeld landen.
Auch schiebend endet unsere „Fahrt“ vor unüberwindbaren Hindernissen und wir müssen einen längeren Weg zurückfahren. Diesmal mit Gegenwind. Dabei war der Mont Saint Michel schon zum Greifen nahe.
Mit den Rädern dürfen wir den 2,5 km langen Holzsteg, der zum Mont Saint Michel kostenlos befahren und direkt vor der Stadtmauer parken. Ein Besuch des Mont Saint Michel und seiner Abtei hat sich, trotz einiger Touristen, gelohnt. Eine tolle Kulisse!
Auf den Prospekten und im Internet wird überwiegend die Meinung vertreten, dass sich der Mont Saint Michel auf dem Boden der Normandie befindet. Agnès als Bretonin klärt Martin jedoch darüber auf, dass dies umstritten ist und sich der Mont Saint Michel auf bretonischem Boden befindet. Ist doch eigentlich klar.
Auf jeden Fall sind wir nach dem Besuch des Mont Saint Michel in der Normandie.
Hier in der Normandie sind die Fassaden der Häuser völlig anders.Senkrechte sichtbare Holzelemente gestalten diese Fassaden. Mit der Eroberung Englands durch die Normannen 1066 wurde die Gesellschaft, die Kirche und damit auch die Architektur normannisiert.
Vor starkem Regen Schutz suchend, dürfen wir unter dem Scheunendach eines Bauern unser Zelt aufbauen. Am nächsten Morgen werden wir von ihm zum Kaffee eingeladen und sehen eines dieser Häuser, mit großem offenen Kamin, von innen.
Tagsüber radeln wir gemütlich an der Seine entlang. Viele Häuser haben reetgedeckte Dächer.
EM Teil 2:
Heute wollen wir das Spiel Italien – Deutschland anschauen und deshalb auf der Suche nach Campingplatz und Bar früh mit radeln Schluss machen. In Yvetot gibt es nichts von Beidem. Die Bars mit TV machen um 20 Uhr dicht. Weiter geht es 12 km bis Yerville. Auch dort keine entsprechende Bar. Weitere 12 km weiter sind wir in Totes. Völlig tote Hose, wie der Name schon sagt. 17 km weiter kommen wir nach St.
Saens, einem etwas größeren Ort. Keine der Bars hat Abends geöffnet. Der nächste noch größere Ort ist Neufchatel en Bray in ca. 16 km Entfernung. Hier haben wir Glück. Endlich ein Ort mit Campingplatz und einer italienischen Pizzeria mit drei Bildschirmen. Noch 30 Minuten für Zeltaufbau und Duschen. Geschafft! Gerade noch rechtzeitig um das Spiel, nach 124 km, mit Pizza und Bier anschauen zu können.
EM Teil 3:
Da wir ja im EM Land reisen, wollen wir auch mal ein Spiel mit der französischen Mannschaft anschauen. So machen wir uns am 3.7.16 zur Dorfbar in Longpre auf um das Spiel Frankreich – Island zu schauen. Schon von weitem hören wir gegröle und gehupe. In der Dorfbar tummeln sich an die 10 Franzosen und machen Lärm für 100. Schon nach wenigen Minuten haben auch wir die französischen Farben auf den Backen und einen super Platz vor dem Fernseher. Während das Spiel läuft, hupen und kreischen diese Fans meist vor dem Lokal und irgendwie haben wir das Gefühl dass nur wir zuschauen. Schon nach dem ersten Tor für Frankreich rasen die Ersten, hupend, mit ihren Autos durchs Dorf, um die Kirche herum, ohne den Kick weiter anzuschauen. Nach diesem Dorfspektakel fallen wir müde in unsere Schlafsäcke.
Ein weiteres Spektakel das uns streift ist die Tour de France 2016, welche am 2.7.2016 in Mont Saint Michel beginnt. Entlang der Rennstrecke sehen wir bereits 3 Tage davor etliche geparkte Wohnmobile, die auf das Highlight warten. Wir radeln diesen Streckenabschnitt auf jeden Fall ohne gedopt zu sein….
Szenenwechsel:
In der Umgebung von Neuville liegen größere deutsche, polnische, kanadische, marokkanische und australische Soldatenfriedhöfe. Zufällig passieren wir die kanadische Gedenkstätte Crête-de-Vimy für 18.000 gefallene Soldaten aus dem 1. Weltkrieg. Das 117 Hektar große Gelände wurde 1922 von der französischen Regierung den Kanadiern geschenkt, um dort eine Gedenkstätte aufzubauen. So entstand der imposante Bau, dessen Bau der Türme 11 Jahre in Anspruch genommen hat. Die mehr als 20 Statuen wurden direkt vor Ort gefertigt. Besondere
Schwierigkeiten beim Bau bereitet der Boden, der durch 4 Jahre der Kämpfe vollständig zerklüftet war. Um die Türme zu stabilisieren wurde ein Fundament aus rund 15 000 Tonnen Beton gegossen.
Die bekannteste Statue stellt eine gramvolle Frau dar – die junge kanadische Nation -, die ihre Toten beweint. In der Mauer rund um das Monument sind die Namen von 11 285 kanadischen Soldaten eingraviert, die bei den Kämpfen im Ersten Weltkrieg ums Leben kamen. Ihnen zu Ehren wurden im benachbarten Park ebenso viele kanadische Pinienbäume gepflanzt
Am 5.7.16 kommen wir in die französische Großstadt Lille, nahe der belgischen Grenze, wo wir nach 3.800 km wohlverdient eine große Portion Frites essen.
Hier wollen wir Frankreich verlassen, die Tour de France beenden und über Belgien weiter reisen.
Fotos von der Bretagne, Normandie und Nordfrankreich: