China Gansu 2014

Gansu: Seidenstraße bye bye

Mit dem Bus reisen wir in 8 Stunden von Hami nach Jiayuguan, wo wir die Große Mauer sehen wollen. Die Wüstenlandschaft zieht sich bis kurz vor Jiayuguan, dann wird es stechend grün und die Stadt selbst hat viele schöne Parks. Wir checken im Yuesheng ein; kein Mensch im Hotel spricht ein Wort Englisch. Abends sind wir in der Fußgängerzone, der sogenannten „Fressmeile“ unterwegs. Hier reiht sich ein Straßenlokal an das andere und bunte blinkende Leuchtreklamen erhellen die Szene. Die Chinesen bestellen kartonweise warmes Bier (12er Pack) und essen Fleisch im Übermaß. Wie die Tische und der Boden hinterher aussehen ist unbeschreiblich.

Wir radeln zu der berühmten Festung von Jiayuguan und machen noch zwei weitere Ausflüge zu Abschnitten der Großen Chinesischen Mauer inklusive Museum. Faszinierend ist es schon die Große Mauer direkt vor sich zu sehen.

Jiayuguan_Grosse Mauer

Die Große Mauer ist eng mit dem Handel an der Seidenstraße verknüpft, denn sie schützte die Kaufleute vor den Mongolen aus dem Norden und Turkvölkern aus dem Westen. Hier in Jiayuguan verläuft der westlichste Abschnitt der Mauer. Das Westtor diente dazu unbeliebte Bürger oder Kritiker in die Wüste zu verbannen.
Die Festung liegt in der Mitte des Tales, dem Hexikorridor, von wo aus die Mauer in beide Richtungen bis zu den Bergen und darüber hinaus verläuft.

Unsere Campusräder werden auf das Dach des großen Sleeperbusses gezogen, festgezurrt und schon geht es los. Wir verbringen 760 km bis Lanzhou über Nacht im Bus. Bei Regen kommen wir in Lanzhou an, übergroße Pfützen erschweren uns das Vorwärtskommen, doch das Wetter bessert sich. Wir tun uns schwer, in der fast 4 Millionenstadt, die Landstra0e nach Lintao zu finden. Jeder zeigt in eine andere Richtung. Doch nach ca. 2 Stunden sind wir auf dem richtigen Weg, der leider stetig nach oben führt. Es ist schwülwarm doch die Landschaft ist sehr schön. Bepflanzte Terrassen, chinesische Bauern pflegen ihren Anbau. Bald wird die Straße zur Baustelle, abwechselnd Schlaglochschotterpiste und Schlammlöcher. Wir werden entweder eingestaubt oder verschlammt, und das auf einer Strecke von 40 Kilometern.

Gansu_nach Lintao

Zu den chinesichen Autofahrern:
es wird gehupt und gedrängelt. Die Chinesen würden auch den Worldcup für Dauerhupen gewinnen. Vom kleinsten Elektroroller bis zum gigantischen 6-Achser – mit Hupen wie ein Dampfer – meint jeder Fahrer an jeder Kurve, an jedem Ortseingang, bei jedem Überholen, bei jedem Fußgänger ……hupen zu müssen. Selbst beim Einfahren auf eine Baustelle wird wie wild gehupt, aber nicht gebremst. Motto: immer hupen, nicht bremsen. Auf den Straßen sind sämtliche Automarken unterwegs, aber vor allem europäische, japanische und chinesische neue Nobelkarossen. Ja, wir sind im kapitalistischen Kommunismus unterwegs.

In Gansu sind wir im richtigen China angekommen. Es gibt nur noch chinesische Schriftzeichen. Auffallend für uns, nach den moslemischen Ländern, sind die vielen Frauen die am Leben in der Öffentlichkeit teilnehmen. Hier wird es einem so richtig bewusst, dass in den sogenannten „Stan-Ländern“ die Frauen von der Bildfläche verschwunden waren. Gegensätzlicher geht es kaum, denn hier arbeiten sie auf dem Bau und beim Straßenbau genauso mit wie die und die Mode in den Städten, sprich highheels, kurze Hosen oder Miniröcke, sind wir schon lange nicht mehr gewöhnt. Und je heller die Haut desto höher die Absätze. Speziell die Rad- und Rollerfahrerinnen mummeln sich bei warmem Wetter mit Handschuh und Kopftuch ein, um ja nicht braun zu werden.

Unser Weg führt uns durch viele Lehmdörfer und vorbei an unzähligen Feldern. Es wird überwiegend Getreide, Mais, Soja und Gemüse angepflanzt. Reisfelder? Sehen wir die ersten drei Wochen gar keine.
Abseits der Autobahnen und der gepflegten Parks in den Städten sehen wir schnell wohin der chinesische Müll wandert. Jedes Flussbett ist völlig vermüllt. Nicht einzeln hineingeworfener Müll, nein, die ganzen Ladungen aus den Müllcontainern wandern in das Flussbett! Kein Fluss ohne Müll bei den Dörfern. Die Abfälle die wir in die oft vorhandenen Mülleimer werfen, nachdem wir sie stundenlang herumfuhren, werden wohl auch im Flussbett landen…

Orientierung? Wir fotografieren die chinesischen Schriftzeichen aus dem Reiseführer oder von der Landkarte oder Straßenschildern ab und zeigen unterwegs den Leuten das jeweilige Foto, wenn wir nicht mehr weiter wissen. Sehr oft kommt es vor, dass ältere Frauen nicht lesen können. Wir sind schon erstaunt über die vielen Analphabeten.

Bei Lomen machen wir einen Abstecher zum Lashao Tempel, mit seinen 42,3 Meter hohen Buddha-Wandmalereien, mitten in einer 500 m hohen, wie aus dem Nichts, herausragenden Bergkulisse. Hier gibt es eine Vielzahl von Tempeln und Höhlen die besichtigt werden können und nach 3 Stunden schwingen wir uns voller Eindrücke wieder auf unsere Räder.

Gansu_Luomen_La Shao Tempel

Die Fahrt am nächsten Tag entlang der „Roten Berge“ ist sehr schön und wir sehen immer wieder Felsentempel hoch oben an den senkrechten Hängen.

Eine weitere größere Tempelanlage möchte von uns besichtigt werden. Der Daxian Mountain Rock Cave Komplex, der sich über einen langen Bergrücken nach oben zieht. Eine Höhle namens „Buddha Cave“ mit etlichen teils kitschigen, teils dämonenhaften Figuren ist besonders erwähnenswert.

Gansu_vor Tianshui_Daxiang Mountain Rock Cave

Bei der Besichtigung dieser Höhle geht das Licht aus. Wir denken: Aha, mal wieder Stromausfall in China. Wir warten, doch als nichts geschieht, tasten wir uns im Dunkeln an den Figuren vorbei zurück in Richtung Eingang. Ein spärliches Notlicht beleuchtet die Szenerie bei der Tür. Kein Mensch weit und breit. Schnell stellen wir fest, dass auf der anderen Türseite ein Vorhängeschloss montiert wurde. Wir sind in der kühlen Höhle eingechlossen! Wir rufen, schreien, klopfen, treten gegen die Tür, treten noch wilder dagegen….nichts geschieht. Die Holztür aufzubrechen ist nicht so einfach wie gedacht, obwohl sie oben eine Öffnung hat. Irgendwie sind wir doch nicht so wie Jackie Chan. Irgendwann, es kommt uns wie eine Ewigkeit vor, kommt der Aufseher der unseren Lärm gehört hat. Er schliest nicht sofort auf, denn er sieht uns durch die Öffnung: zwei wütende Ausländer – ähnlich wie die Dämonen in seinem Kabinett. Er faltet die Hände und bittet erst um Entschuldigung – dann schliesst er uns auf.
So können wir doch noch den 23,3 m hohen Buddha oben am Bergrücken besichtigen.

Wir gehen essen:
Wir haben eine Auswahl an chinesischen Schriftzeichen mit Aussprache für verschiedene Gerichte gesammelt. Unsere Versuche diese Wörter verständlich anzuwenden scheitern kläglich. Also zeigen wir die Schriftzeichen vor. Auch dies klappt nicht, da jedes Lokal eine andere Spezialität kocht. Bei manchen Lokalen ist es recht einfach, denn es gibt ein Menü mit Fotos zu den Speisen. Am einfachsten geht es in kleinen Lokalen in dem andere Gäste bereits essen. Wir zeigen der Bedienung einfach dass wir dasselbe wollen. Wir haben auch schon aufgegeben und das Lokal wieder verlassen, nachdem gar nichts ging.
Einmal landen wir versehentlich in einem Nobelrestaurant mit viel schicker Bedienung. Natürlich kann wieder niemand Englisch, doch es gibt eine Speisekarte mit vielen Fotos. Wir bestellen Nudeln (sie sind immer selber gemacht und lecker) und Hähnchenteile mit „Sauce“. Es dauert nicht lange und wir bekommen einen großen 4 Liter-Topf mit Brühe, Muskatnüsse und andere Gewürze, zusammen mit unseren rohen kalten Nudeln. Der Topf wird in der Mitte des Tisches auf eine Platte gestellt und erhitzt. Wir werfen unsere Nudeln in das kochende Wasser, schlürfen bald unsere Nudeln und die Brühe. Die Chef-Bedienung kommt bald an den Tisch, denn irgendwie machen wir ein klägliches Bild. Er nimmt Martin mit in die Küche und zeigt die vielen Zutaten, die normalerweise in den Topf gehören. Eigentlich wird uns erst jetzt so richtig klar, dass wir ein Fondue bestellt haben und wir ordern noch einige Zutaten. Ab in den Topf!

Gansu_vor Tianshui_Hot Pot

Auf dem Weg nach Tianshui kommen wir durch eine Monokultur von Kirschplantagen. Die Kirschenernte ist in vollem Gang und hunderte Kirschverkäufer/innen säumen die Straßen. Wir können nicht widerstehen.
Die ältere Stadt an der Seidenstraße mit sehenswerten Tempeln und Plätzen gefällt uns sehr. Wir besichtigen zwei große Tempel anlagen und flanieren durch den Bazar. Mit eigenen Augen sehen wir, wie neben Fischen auch verschiedene Sorten lebender Schildkröten und Riesenkröten im Angebot sind. Nebenan in der Apotheke werden verschiedene Sorten getrockneter Seepferdchen verkauft.

Die chinesischen Berge haben es in sich. Im Prinzip fahren wir jeden Tag an dem wir radeln einen Pass. Höhenangaben gibt es nicht und es nicht absehbar wo der Pass endet. Die Strecke zwischen Tianshui und Hanzhong ist erwähnenswert, denn die Berghänge sind sehr dicht, dschungelartig bewachsen und beheimaten viele Vogelarten. Entlang der Straße treffen wir auch immer wieder auf Imker mit vielen Bienenstöcken. Diese Imker leben in Zelten bei ihren Bienen und verkaufen den Honig vor Ort. Mehrmals sehen wir auch reisende Bienenstöcke, die auf Lkws verladen wurden. Wir sind immer froh wenn wir durch die herumschwirrenden Bienen schadlos durchradeln konnten.

Die Chinesen selbst:
Wo wir auftauchen gibt es verschiedene Reaktionen. Entweder erstarren die Chinesen, von jung bis alt. Sie sehen uns, der Mund öffnet sich und die Bewegung in der sich der Chinese gerade befindet, erstarrt. Wie eingefroren!
Oder sie sehen uns und sie reagieren hyperaktiv. Sie stürzen sich in unsere Richtung und wollen Fotos, Fotos, Fotos.
Oft werden wir auch heimlich fotografiert – zumindest denken sie dies.
Auf jeden Fall, egal wo wir auftauchen, gibt es Reaktionen. Es wird getuschelt oder gelacht oder geschaut.

Gansu_Weiyuan

Der Chinese den man um Hilfe bittet geht erst einmal weg von einem. Hat man ihn eingeholt und ihm einen Zettel oder den Foto entgegen gestreckt ist er hilfsbereit. Ab diesem Moment kommen die anderen und wollen neugierig wissen was los ist.
Aber Vorsicht! Oft wird man irgendwo hingeschickt. Nur nicht dahin wo man hin will. Und mit Englisch geht null komma null.

Erstaunt sind wir auch darüber, dass die Han-Chinesen mit denen wir Kontakt hatten nichts über Deutschland, Frankreich oder Europa gehört haben. Auch wenn wir das chinesische Schriftzeichen für Deutschland zeigen ändert dies nichts. Manchmal, jedoch ganz selten, kommt es vor, dass jemand weiß dass die Deutschen gut in Fussball sind…
Auch wenn wir unsere Reiseroute erklären, kann niemand etwas mit den Nachbarländern Kirgistan, Vietnam usw. anfangen.

Gebaut wird überall wo wir durchradeln. In den Städten entstehen unglaubliche neue Hochhaussiedlungen. Sie können locker tausende von Menschen auf einmal auffangen wenn sie fertig sind. Autobahnen entstehen ständig neu und sind in super Zustand. Sie sind gebührenpflichtig. Auch neue Tempel werden überall gebaut, denn die alten wurden ja in den „früheren Zeiten“ einfach abgerissen. Schade, dass die neuen Tempel wenig Flair haben. Neue Anlagen werden als Altstädte deklariert, sind aber aus Beton. Über den Städten liegt Staub und Smog und der Himmel ist kaum mehr zu sehen.

In den Parks ist es grün und zur Zeit blühen und duften die Robinien. Auch blau-weiß blühende Schwertlilien sind oft zu sehen.

Nach der dritten Woche in China müssen wir an die Verlängerung unseres Visas denken. Dies soll in Lechan recht einfach und flott gehen. Deshalb wollen wir um den 4. Mai herum in Lechan sein. Wir nehmen von Feng Xian mit Stop in Hanzhong den Bus nach Chengdu um rechtzeitig dort zu sein. Nach Feng Xian reisen wir durch die chinesische Provinz Sichuan.

Bus in Gansu:
Hami    – Jiayuguan:  620 km
Jiayuguan – Lanzhou:  760 km
Feng Xian – Hanzhong: 180 km

Gesamt:             1.560 km

Fotos von China Gansu:

02_china_jiayuguan_essmeile

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China Xinjiang 2014

Xinjiang: zwei Welten

Bei der nächsten Grenzerfahrung befürchten wir das Schlimmste und rechnen mit einer Befragung durch die Einreisebehörde. 6 Kilometer nach der kirgisischen Grenze treffen wir auf die erste chinesische Patrouille. Zwei junge Soldaten, die unsere Pässe sehen wollen. Sie können kein Wort Englisch. Sie winken uns weiter und 2 km Später kommen wir an die eigentliche Grenze, werden in einen Warteraum gewunken mit dem vielversprechenden Namen „China Immigration Inspection“, kurz CII.

Vor uns sind noch eine Reihe Kirgisinnen mit Übergepäck abzufertigen. Sie haben Taschen mit hunderten Filzhüten und Tüchern dabei. Solange beschäftigen wir uns mit dem Motto der CII, das man einem schönen Hochglanzprospekt entnehmen kann. Dort steht auf englisch geschrieben: „Unsere Eigenschaften: spontan, intelligent und kundenfreundlich. Unsere Ziele:….unser Team soll den besten Immigrationservice der Welt bieten. Innerhalb von 26 Minuten soll die Abfertigung der meisten Touristen erfolgt sein…“

Nach ca. 1 Stunde sind wir dran. Unsere Taschen werden alle geröngt und zwei einer genaueren Kontrolle unterzogen. Ein intelligenter CIIler schnieft an unseren Mineralientabletten und bekommt einen Niesanfall. Es verläuft alles in freundlicher Atmosphäre und bald dürfen wir weiter. Jedoch: nicht per Rad, sondern eine erste Bus- oder Taxifahrt für 125 km ist obligatorisch. Wir entscheiden uns für ein Taxi, denn der Bus ist schon mit kirgisischen Filzhüten überbelegt. Unsere Pässe bekommen wir nicht zurück, die erhält unser uigurischer Taxifahrer. Unsere Räder werden auf zwei Taxi verteilt und los geht es ,durch atemberaubende Landschaft auf einer nagelneuen Straße mit türkisblauen Leitplanken. Was für ein Kulturschock, nach den Patchworkstraßen der Kirgisen!!

Bald kommt der nächste Checkpoint und unser Driver zeigt für uns die Pässe vor. Nun fahren wir bis nach Ulugqat, wo sich das Hauptimmigration und Quarantänezentrum befindet – kurz auch CII genannt. Das moderne Gebäude ist verschlossen, die Leute machen gerade Mittag. Nach längerem Warten werden wir eingelassen und unser Taxifahrer übergibt den CIIlern unsere Pässe. Eine Einreisekarte ist schnell ausgefüllt, doch dann: Stromausfall im ganzen Gebäude! Alles wird heruntergefahren, die tollen digitalen Anzeigen sind nur noch schwarz. Immer wieder wird uns signalisiert, dass ohne Strom nichts geht. So verbringen wir den Nachmittag zuerst mit netten Kirgisen und später mit netten Deutschen, die mit einem Reisebus erwartunsvoll angedüst kommen. Sie sind vom bayrischen Pilgerbüro und nachdem wir uns ausgetauscht haben, werden wir von ihnen noch in den Bus zu Süßigkeiten und Zwiebelbrot eingeladen. Die Zeit verrinnt und drei Stunden später leuchten wieder die Anzeigen. Yuhuu es geht weiter. Doch nun ist es 17 Uhr und die CIIler machen erst mal zwei Stunden Pause:-))) (nicht schlecht gell?!?).

Aber dann kurz vor Sonnenuntergang geht es los. Der Quarantänebeamte läuft durch die Einreisenden und fragt nach Obst und Gemüse. Einem kirgisischen Paar werden kurzerhand 2 Äpfel abgenommen. Unsere bayrische Bekanntschaft isst schnell noch seinen letzten Apfel auf. Wir haben Karotten, Zwiebel und getrocknete Aprikosen dabei. Wollen wir uns von einem Teil unseres Abendessens trennen? Niemals, denn wir sind Schwabe und Bretonin!

Unser Gepäck wird zum zweitenmal geröngt, unser Gemüse bestimmt verstrahlt aber nicht gefunden. Schnell bekommen wir unseren Stempel in den Pass, den wir bevor wir nach draußen dürfen nochmals vorzeigen müssen. Na ja, egal insgesamt haben wir unsere Pässe 8 Mal vorgezeigt! einmal mehr oder weniger, was soll’s……..

Nun sind wir in China, ohne Führer, nicht wie alle ausländischen Autofahrer die einen brauchen. Wir dürfen frei herumradeln.

China_Xinjiang_nach Grenze

Ruckzuck, nach 6 km Fahrt auf besten Straßen, finden wir einen klasse Zeltplatz neben einem schönen blauen Lilienfeld zwischen schützenden Bäumen. Ohne Müll? Es ist richtig auffallend wie sauber nach der Grenze alles ist.

Wir freuen uns in China zu sein, können es kaum glauben, dass wir mit den Rädern bis hierher kamen. Voller Energie radeln wir am nächsten Tag auf der neuen Autobahn die 100 km bis Kashgar, ein wichtiger Handelsort an der Seidenstraße.

Doch vor Kashgar gilt es erstmal 20 km durch Industriegelände, vermutlich zur Asbestherstellung, zu radeln. Die Luft ist stechend, ein blauer Himmel ist durch den Dunst nicht mehr zu erkennen. Unsere Augen sind rot und tränend.

Auffallend waren auch die vielen Lehmdörfer, die entweder durch die Autobahn geteilt oder völlig zerstört wurden. „Tabula rasa“.

Das erste Hotel in dem wir einchecken wollen darf keine ausländischen Touristen beherbergen, das Zweite ebenso nicht. Beim dritten Versuch haben wir Glück. Sie nehmen uns! Wir machen uns auf zur Stadtbesichtigung, wobei wir uns erst an die vielen Elektroroller gewöhnen müssen, die lautlos wie aus dem Nichts erscheinen. Wir freuen uns über das Angebot an Obst. Früchte in Hülle und Fülle!

China_Xinjiang_Kashgar Altstadt

Die Altstadtbezirke sind derzeit teils renoviert, teils Baustellen. Die alten Handelshäuser wurden mit viel Aufwand schön hergerichtet, doch unseren Geschmack treffen sie nicht, denn es wirkt zu künstlich oder disneylandmäßig. Abends trifft uns fast der Schlag. Überall Geblinke und buntes Geflimmer an den Hochhäusern, den Monumenten und an einem Riesenrad am See. Hatten wir gestern nicht erst Stromausfall?? Und nun diese Energieverschwendung…..

Xinjiang_Kashgar_East Lake

Wir essen auf dem Nachtbasar und stellen fest, dass wir viele Gerichte aus den „Stan-Ländern“ kennen. Denn eigentlich sind wir noch nicht im richtigen China, sondern im Land der Uiguren!

Xinjiang umfasst das historische Gebiet Ostturkestan, was sich in Kultur, Religion und Sprache ausdrückt. Mit türkischen Grundkenntnissen kommt man hier noch gut zurecht. Die Uiguren sind sehr fremdenfreundlich und wir werden mit offenen Armen aufgenommen und mit Obst und Gebäck beschenkt. Es erinnert uns an die Zeit im Iran.

Ein Zitat aus Wikipedia: „Im Jahre 1949 erreichten die chinesischen Kommunisten eine friedliche Eingliederung Xinjiangs in die Volksrepublik China. Im September 1955 wurde das „Uigurische Autonome Gebiet Xinjiang“ geschaffen. Während der Kulturrevolution (1966–76) musste Xinjiang, wie ganz China, den Roten Terror über sich ergehen lassen, der viele Menschenleben kostete und nachhaltige Folgen hinterließ. Viele Kulturgüter wurden zerstört. Seit der Ära Deng Xiaopings profitiert Xinjiang im großen Maße vom „Chinesischen Wirtschaftswunder“, jedoch können sich hauptsächlich angesiedelte Han-Chinesen daran erfreuen.“

Die Unterschiede zwischen den Han-Chinesen und den Uiguren werden uns schnell bewusst. Hier eine tägliche Szene:

Es ist 8 Uhr, der Han-Chines fährt seine 2 KInder im BMW oder dicken Geländewagen zur Schule. Danach geht er zur Arbeit. Er hat einen gut bezahlten Posten in der Städtebauentwicklung. Seine Frau fährt mit dem Elektroroller bei schönem Wetter in das Stadtzentrum zum shoppen. Sie trägt einen Sonnenschirm, High-Heels und Minirock. Sie trifft sich mit ihrer Freundin zum Fondue-Essen im Nobelrestaurant „Hot Pot“. Die Schule ist aus, die Jungs stürmen den Eisverkäufer und werden wieder nach Hause gebracht. Wir treffen auf den Chinesen und er macht heimlich Fotos von uns.

Es ist für den Uiguren sechs Uhr. Als Uigure lebt er nach seiner uigurischen Zeit und nicht nach der Peking Zeit! Er beläd seinen Dreiradschlepper mit Ware und macht sich auf die Fahrt zum Basar.

Xinjiang_Kashgar

Davor war er noch kurz in der Moschee. Seine vier Kinder fahren mit dem Bus in die Stadt, wo sie zusätzlich zur arabisch-uigurischen Schrift Han-Chinesich lernen müssen. Die Han-Chinesen müssen im Gegenzug nicht uigurisch lernen. Seine Frau trägt ein Kopftuch und verhüllt ihren Körper. Sie bleibt Zuhause oder arbeitet auf dem Feld. Wir treffen den Uiguren später am Feld und er läd uns zum Tee und zu Wassermelone ein. Sie wollen mit uns zusammen auf einem Foto sein und wir machen ein Gruppenfoto.

Visabedingt müssen wir viele Bus- oder Zugfahrten in diesem riesigen Land zurücklegen. Es geht nicht anders. Wir haben ein einmonatiges Visa und hoffen auf eine einmonatige Verlängerung. Mehr geht derzeit nicht. Da wir das Land nicht nur schnell durchqueren wollen, sondern auch Kultur und Leute kennenlernen wollen, entscheiden wir uns ab Kashgar eine große Strecke mit dem Bus zu fahren. Immer wieder wollen wir ein paar Stopps einlegen und mit den Rädern die Umgebung erkunden.

Unser erster Stopp ist die Turpan-Senke bei Minus 154 Meter. Ein unwirtlicher Ort, wüstenähnlich. Hier zelten wir und erleben  einen kleinen Wüstensturm, der unserem Zeltgestänge schwer zusetzt und die Zeltreißverschlüsse beschädigt. Turpan selbst, ist eine grüne Oase mit vielen Reben drumherum und schattigen Rebenalleen in der Stadt. Die Uiguren spielen Go und sitzen gemütlich zusammen.

Um Turpan herum werden tonnenweise Rosinen in Lehmhäusern getrocknet, manchmal wird auch etwas Wein gekeltert, doch die Bevölkerung ist überwiegend muslimisch. Wir besichtigen die „Flammenberge“, die bei entsprechender Sonneneinstrahlung rot leuchten. Hier zelten wir mitten in den Weinreben und werden von freundlichen Uiguren besucht. Wir essen erste leckere Aprikosen vom Baum und noch grüne Mirabellen.

Unsere nächste Busfahrt bringt uns nach Hami. Von dort aus reisen wir in die nächste Provinz Chinas, nach Gansu.

Fotos von China Xinjiang:

05_china_xinjiang_nach-uluqgat

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