Deutschland hat uns wieder – Deutschland und seine Strukturen…
Plötzlich sehen wir das Landesschild Bayern und realisieren, dass wir im Land der Laugenweckle mit Nutella, der Gummibärle und des
Hefeweizens sind. Wir besuchen die Altstadt von Füssen mit den malerischen Häusern und weiter geht’s an den Weissensee, wo wir einen Badestopp einlegen. Doch die vielen Bremsen verjagen uns und wir radeln ziemlich angesaugt weiter, über Pfronten, in Richtung Kempten.
der Lechfall gleich an der Grenze
Irgendwo in der Pampa, bei einem Schützenhaus, wo wir uns ein leckeres Weizenbier gönnen, können wir gerade noch vor einem heftigen Gewitter in unser bereits aufgebautes Zelt flüchten. Am nächten Tag bleiben wir bis zur Mittagszeit im Zelt, denn der Regen ist ekelhaft.
Unsere weitere Station ist die Vögelesmühle, einem großen Gut, wo wir von den warmshowers Liane und Martin erwartet werden. Dort werden wir von Liane und den Bewohnern der Vögelesmühle lecker bekocht und verbringen einen lustigen Abend zusammen.Überhaupt sind die Leute die wir im Allgäu so treffen unheimlich nett, denn wir werden immer wieder gefragt ob wir Hilfe brauchen würden und wo wir denn hin wollen.
Auf Radwegen an der Iller entlang gelangen wir über Altusried in die Gegend um Leutkirch, genauer gesagt nach Beyschlechts, wo wir eine Weile bei Freunden wohnen werden. Zusammen mit Brigitte und Adrian kochen wir selbstgesammelte Kräuter, backen Kuchen und grillen im Garten. Einfach toll! Ein Ausflug nach Isny und nach Leutkirch runden unseren fünftägigen Aufenthalt auf dem Land ab.
Der Illerradweg bringt uns zum Kloster Ottobeuren, einer Benediktinerabtei. Der auch als „Schwäbischer Escorial“ bezeichnete Baukomplex liegt in der Diözese Augsburg und wurde bereits im Jahr 764 gegründet.
Der Ammerseeradweg führt uns durch kleine Höfe, vorbei am Ammersee, an den Pilsensee, wo wir bei Seefeld auf dem Campingplatz mit angeschlossenem Freibad zelten. Nun ist es nicht mehr weit bis München-Planegg, wo wir noch einen Stopp bei warmshower Edgar einlegen wollen. Der Weg entlang der Würm führt über Felder und durch Wälder, so dass man nicht das Gefühl hat in der Nähe von München zu sein. Bei Edgar, seinen Kindern und der Nachbarin wird der Grill angeworfen und wir sitzen gemütlich im Garten. Wir verbringen einen sehr netten Abend zusammen und am nächsten Tag werden wir noch bis an den Isarradweg begleitet.
Die Tour führt weiter durch Waldgebiete und wir sehen sogar Wildschweine. Und dies kurz vor München!
Unsere weitere Planung sieht vor, dass wir in den nächsten Tagen drei unserer Töchter besuchen, die es in die Städte München – Augsburg – Ulm gezogen hat. Wir wollen jeweils zwei Nächte bei ihnen bleiben.
In München freuen wir uns schon riesig auf Julia, die Tochter von Martin, und deren Freund Daniel. Ein tolles Gefühl sich nach zwei Jahren wieder in den Armen zu liegen. Wieder einmal werden wir mit leckerem Essen, wie Obazda, Weißwürsten und Weizenbier verwöhnt. Auch der Besuch eines idyllisch gelegenen Biergartens darf nicht fehlen. Der Abschied nach zwei Nächten fällt nicht leicht, doch wir wissen ja, dass man sich in Zukunft auf jeden Fall öfter sehen kann.
In Augsburg stehen schon Leni und deren Freundin Deborah auf der Terrasse und hopsen durch die Luft als wir angeradelt kommen. Auch dort werden wir von den Beiden und deren Freundinnen gemästet. Basilikumschaumsuppe mit Tomaten und Mozarella, Crêpes und leckere Getränke versüßen uns den langen heißen Sommerabend auf der Terrasse. Der Sprung in den Eiskanal, dem Lieblingsplatz der Studenten, am nächsten Tag kühlt uns wieder herunter und wir radeln zu fünft zu einer Besichtigungstour in die Innenstadt von Augsburg.
Vor Ulm suchen wir abends Schutz vor einem heftigen Sturm mit Gewitter. Schnell stellt sich heraus, dass wir unter dem schützenden Dach des Feuerwehrhauses gelandet sind, denn wir bekommen nun hautnah einen Feuerwehreinsatz mit. Heranrasende Pkw, die mit offenen Türen einfach abgestellt werden, Männer rennen teilweise barfuß oder ohne Oberbekleidung in das Feuerwehrhaus — man nimmt die Sache ernst. Später werden wir noch von ihnen nach innen eingeladen, aber wir wollen weiterradeln, da es schon dämmert und wir einen Zeltplatz brauchen.
Nun ist Agnès ziemlich aufgeregt, als wir uns Ulm immer mehr nähern. Sie steigt in die Pedale und Martin kommt kaum noch hinterher. Dort am Münster treffen wir überglücklich Nora und David, die wir seit unserer schönen Zeit in Thailand nicht mehr gesehen haben. Auch sie haben sich ins Zeug gelegt, denn wir werden unter anderem mit Schweinebraten und selbst gemachten Späzzle verwöhnt. Schöne Spaziergänge in der Umgebung und die Stadtbesichtigung machen deutlich, dass die Beiden in einer schönen Gegend studieren. Doch nach zwei Nächten radeln wir
weiter, wohl wissend dass wir uns bald wieder sehen werden.
In Blaubeuren schauen wir mal nicht in einen Kochtopf, sondern in den der Blau, picknicken im Klostergarten und radeln an der schönen Schmiech, einem Donauzufluss, entlang nach Münsingen. Hier oben auf der Schwäbischen Alb ist es richtig kühl und wir packen mal wieder unsere Winterklamotten aus.
Natürlich wollen wir zu den Gönninger Seen um dort, wie vor mehr als 2 Jahren, unser Zelt aufzustellen. Dort verbrachten wir unsere erste Nacht und wir können es kaum glauben, dass wir nun an der gleichen Stelle zelten. Voller Eindrücke, Erfahrungen und toller Begegnungen schließt sich hier der Kreis unserer Reise.
wie vor mehr als 2 Jahren an den Gönninger Seen
Ohne weiteres könnten wir von hier aus in einem Rutsch nach Horb-Mühringen zu unserem kleinen Haus radeln, doch wir wollen uns Zeit lassen und langsam ankommen. Wir wollen noch Martin Eltern, Onkel und Freunde in Tübingen und Herrenberg treffen und gemeinsam unsere Ankunft feiern.
So wurde in Tübingen ein Gartenfest für uns organisiert. Wir müssen nichts tun, nur gut ankommen, hat es geheißen. Und das tun wir auch und werden mit einem „großen Hallo“ empfangen. Im Garten von Otto und Renate wird bis spät in die Nacht gegessen, getrunken und gelacht und es ist richtig schön die Schulfreunde und deren Partner nach so langer Zeit wiederzusehen.
Auch bei dem Fest in Herrenberg, bei Gedde, haben wir viel zu erzählen und genießen es zusammen mit all unseren Freunden im Garten zu sitzen und sie alle zu sehen. Da jeder etwas zu Essen mitbrachte haben wir plötzlich ein leckeres großes Buffet und können bis in die Morgenstunden schlemmen.
Natürlich möchte auch jeder, wie schon zuvor, wissen wie es mit uns weiter geht. Was sind eure Pläne? Wann wollt ihr wieder arbeiten? Von was und in welchen Strukturen wollt ihr leben?
Manche wollen die schönsten Erlebnisse hören, andere die schlimmsten, andere die spirituellsten….Hattet ihr Angst?
Die Antwort von Agnès ist grundsätzlich einfach: „die Welt ist gut!“, ist ihre Grundaussage, denn schließlich haben wir tatsächlich zu 99 Prozent nur gute Begegnungen gehabt. Und „wir hatten Vertrauen“, was sich bewährt hat.
Hier in Herrenberg trifft auch tags darauf Samantha ein und Mutter und Tochter liegen sich in den Armen und freuen sich riesig.
Die letzte schöne Feier genießen wir auf den Feldern vor Hailfingen beim Tipi, wo sich weitere Freunde von uns versammelt haben. Wieder wurde für uns gesorgt und wir müssen nichts weiter tun als am Feuer sitzen und uns verpflegen lassen.
Am nächsten Tag radeln wir, müde vom vielen feiern, nach Mühringen. Doch es geht nicht so einfach wie gedacht, denn irgendwie sollen wir wohl nicht gleich ankommen und verfahren uns laufend auf den unübersichtlichen Radwegen. Es war wirklich einfacher den Weg von Hanoi nach Pakse zu finden als nach Mühringen!
Wir können es kaum fassen, wir sind Zuhause und haben ein festes Dach über dem Kopf, Herd, Dusche, Kühlschrank….purer Luxus.
Unsere jeweils vier Satteltaschen reichen uns für die ersten zehn Tage, denn wir haben zunächst nicht das Bedürfnis unsere vielen Umzugskisten und Möbel, die wir bei Freunden gelagert haben, abzuholen.
Wir sind sehr dankbar für diese wunderschöne Zeit, vor allem für die vielen tollen menschlichen Begegnungen. Und wir sind uns sicher, dass es nicht unsere letzte große Radreise war. Doch davon später.
Eine kleine Statistik zum guten Schluss:
Wir haben insgesamt 32 Länder – manche nur ganz kurz, andere monatelang – bereist.
Dabei haben wir 27.510 km zurückgelegt.
Im Durchschnitt sind wir an den Radlertagen 75 km am Tag geradelt.
Höchstgeschwindigkeit: 79,8 km/h (Martin)
höchster Pass: 3.750 m
längster Aufenthalt: in Australien 89 Tage
verbrauchte Reifen: 2×2 Schwalbe Marathon
Pannen: 20 mal geflickt bei beiden Fahrrädern zusammen
Lieblingsland: Iran
Fotos zu Deutschland: