Fluginformation für Radreisende: Eurowings bietet 2018 eine Kreditkarte (Barclaycard) an. Wenn ihr mit dieser Kreditkarte bezahlt, könnt ihr und euer Reisepartner jeweils ein Fahrrad als Sondergepäck kostenlos mitnehmen. Zweimal 50 Euro gespart. Mit der Kreditkarte entfällt außerhalb Deutschlands die Abhebegebühr. Nach der Reise könnt ihr die Kreditkarte, wenn ihr wollt, ja wieder kündigen und so fallen keinerlei Kosten an.
Valencia:
Am Sonntag, den 29. April 2018, fährt uns unser Freund Hermann pünktlich zum Flughafen nach Stuttgart, wo wir schnell eingecheckt sind. Doch unsere französichen Freunde, die Fluglotsen, streicken mal wieder und wir können erst mit einer Stunde Verspätung starten.
Die ersten zwei Nächte wohnen wir in Valencia bei Victor, der günstig ein Zimmer über AirBnB in Zentrumsnähe vermietet. Er und seine Familie sind aus Venezuela nach Spanien umgesiedelt. Wir erfahren aus erster Hand Hintergrundinfos über Venezuela, dürfen die Küche benutzen und genießen die ersten Tag in dieser schönen Stadt.
Im Jardin de Turia
Valencia ist übersichtlich, aber sehr sehenswert, vor allem auch für Radler, denn es gibt viele tolle Radwege, wie den trocken gelegten Turia Fluss, der sich am Rande der Altstadt bis zum Strand hinzieht. Das Flussbett ist heute eine Parkanlage mit Radwegen, Sportmöglichkeiten und Freizeiteinrichtungen, inmitten toller Palmen, blühender Kakteen und selbst Baobab-Bäumen (Flaschenbäumen), Auch wir radeln viel in dem Park und besuchen von hier aus die „Ciutat de las Artes“, die Altstadt, sowie den Strand. Abends essen wir natürlich valenzianische Paella, die hier, wie könnte es anders sein, am besten schmecken soll. Neben spanisch wird hauptsächlich valenzianisch gesprochen.
Fotos zu Valencia:
Costa Blanca und verschiedene Begegnungen:
Wir finden einfach aus Valencia raus und befahren den Radweg entlang der flachen Küste durch den Parc Natural de la Albufera bis Cullera. Erst bei Cullera wird es etwas hügeliger und vom Kap aus haben wir eine tolle Aussicht auf das Meer. Dort haben wir wieder eine Begegnung der besonderen Art – Petr aus Weißrussland wandert seit 5 Monaten auf dem Jakobsweg durch Portugal und Spanien, eine Art Sackkarren, mit selbstgebastelten Rädern und Hüftgurt, hinter sich herziehend. Petr ist behängt mit Kreuzen, Jakobsmuscheln und einem Plakat der Fatima aus Santiago.
Petr aus Weißrussland
Unseren ersten Zeltplatz in Spanien finden wir bei einer verlassenen verwahrlosten aber angenehm duftenden Orangenplantage. Ob wir weiterhin solch schöne Plätze finden werden?
Wir folgen der Küstenstraße bis Oliva, die sich durch Orangenplantagen schlängelt. In Oliva versorgen wir uns in der Markthalle mit frischem Obst und Gemüse. Es riecht herrlich nach frischem Fisch. Unser Plan ist, die Küste hier zu verlassen und durch das ruhigere, aber dafür bergige Inland zu fahren.
Auf der kleinen CV-700-Straße radeln wir in das Tal „Valle de Gallinera“, stetig bergauf. Einsame kleine Bergdörfer liegen auf unserem Weg und immer wieder können wir unsere Wasserflaschen an kalten Quellen auffüllen. Orangen-, Kirsch-, Oliven-, Mandel-, und Feigenbäume soweit das Auge reicht. Aber nur die Orangen sind reif und frühreife Kirschen. Ein schattiger Platz unter einem Olivenbaum mit klasse Aussicht ins Tal, lässt uns früh Schluss machen, denn einen besseren Schlafplatz werden wir heute bestimmt nicht mehr finden.
Val de Gallinera, unser zweiter Platz
Schnell fällt uns auf, dass die Spanier viel Wert auf kleine schön angelegte Parks legen – Palmen, blühende Sträucher, Rosen und Brunnen mit Trinkwasser. Ideal für unsere vielen Pausen.
Wir kommen in die größere Stadt Alcoy. Schon vor Tagen wollten wir hier mittels „warmshower.org“ übernachten und haben Carlos angeschrieben, doch kurz darauf wieder abgesagt, da klar war, dass wir einen Tag früher durch Alcoy radeln würden. Es ist nicht immer leicht mehrere Tage vorherzusagen, wann man wo ankommen wird. Nun radeln wir durch Alcoy, stehen an einer Kreuzung und studieren unsere Landkarte, als wir die nächste Begegnung der besonderen Art haben. Ein junger Mann kommt auf Martin zu und fragt „Martin?“. Es ist Carlos, den wir angeschrieben hatten und rein zufällig stehen wir 50 m vor seinem Haus und rein zufällig hat seine Frau Nuria uns entdeckt, woraufhin er loslief um uns abzufangen. Wir sind völlig baff! Carlos läd uns spontan zu leckerem Kaffee mit Schokolade ein und wir verbringen zwei nette Stunden mit Nuria und Carlos. Danch begleitet er uns mit seinem Mountainbike und zeigt uns eine schön gelegene ruhige Picknickstelle mit Quelle, wo wir unter Pinien übernachten.
Auf Radwegen fahren wir entlang der Sierra de la Fontanella bis Biar und genießen danach die 7 km lange Abfahrt bis Villena. Hier wimmelt es von süßen kleinen wilden Kaninchen. Auf sehr kleinen Provinzstraßen geht es weiter durch Weinbaugebiete, kaum eine Menschenseele treffend. Nach Pinoso häufen sich die Mandelmonokulturen, bevor die Gegend immer kahler und wüstenähnlicher wird. Der Weg bis zu dem gut klingenden Ort Fortuna erinnert uns eher an Filmszenen von Wüstenplaneten. Oder suchten hier in dieser trockenen, öden aber faszinierenden Gegend etwa Goldgräber ihr Glück? Überhaupt sind die Flüsse „Rios“ ausgetrocknet und Felder oder Plantagen werden mit ausgetüftelten Bewässerungskanälen versorgt.
vor Fortuna
Schlagartig säumen nach Fortuna gut riechende Zitronen-, Orangen-, Aprikosen- und Kirschenplantagen unseren Weg. Wild wachsende Nisperosbäume versorgen uns mit süßen gelben Früchten und Vitaminen.
nach Fortuna
Um Lorca herum befinden sich sehr viele landwirtschaftliche Betriebe, oft große Felder mit Plastiküberzug, sowie jede Menge riechender Schweineställe. Kurz danach erreichen wir wieder die Küste, wo wir in Garrucha zum ersten Mal ins klare Meer hopsen – jedoch nur kurz denn es ist ziemlich erfrischend. Doch nur kurz, denn bei der anschließenden Bergfahrt nach Carboneras kommen wir wieder schön ins schwitzen, auf jeden Fall werden wir mit prima Aussicht belohnt und wilde Widder kreuzen unseren Weg.
Wir kommen in die Landschaftsschutzzone Capo de Gata, eine zerklüftete Steilküste mit zahlreichen Einbuchtungen und Höhlen, von denen die Meeresbrandung widerhallt. Hier findet man noch die schönsten Naturstrände der gesamten spanischen Mittelmeerküste. Im Hinterland und entlang der Küste überragen Vulkanberge, mit dunklem Gestein, die Szenerie.
Wir beziehen den Campingplatz La Caleta am Rand der kleinen Ortschaft Las Negras, mit seinen weiß getünchten Häusern. Es sind kaum Touristen hier. Toll in dieser Saison zu reisen!
beim Camping Las Negras – Capo de Gata
Wir machen eine Wanderung zur nahe gelegenen Aussteigerbucht San Pedro. Dort haben sich seit vielen Jahren „Aussteiger“ niedergelassen und Steinhäuser, die sich schön in die Landschaft einfügen, gebaut. Durch eine Quelle mit Trinkwasser ist hier ein Leben möglich. Die Bucht erreicht man nur zu Fuß oder per Boot. Die „Aussteiger“ werden durch die Behörden geduldet.
Nach einem Erholungstag mit Swimming Pool, baden im Meer, bedienen der Waschmaschine, geht es auf einer Staub- und Schotterpiste weiter durch den Naturpark, vorbei an vielen schönen einsamen Stränden bis zum hochgelegenen Leuchtturm Faro de Gata mit seiner atemberaubenden Aussicht. In der einen Richtung blicken wir zurück zur zerklüfteten Steilküste, in der anderen Richtung voraus zu flachen Salzsalinen.
Campillo del Genoves
Fotos zu Costa Blanca:
Andalusien:
Durch Almeria geht es weiter in Richtung Norden, wo wir einen Abstecher in die wüstenähnliche Landschaft bei Tabernas machen. Dort wurden aufgrund des kargen Bewuchses etliche Filme, vor allem Italowestern, gedreht. So entstand auch das Touristenziel „Texas Hollywood – Westerndorf“.
wüstenähnliche Landschaft bei Tabernas
In Richtung Granada passieren wir die Vorberge „Alpujarra“ mit seinen wilden Schluchten und Tälern, teils geht es schwitzend auf auf Schotterstraßen über 1.000 m Höhe hinauf. Es folgen wilde Abfahrten ins Tal mit seinen üppigen Obstgärten, die der Andarax-Fluss mit kühlem Wasser versorgt und in dem auch wir uns abkühlen. Im Hintergrund leuchten die Schneeberge der Sierra Nevada im blauen Himmel. Doch wir beradeln auch die etwas größere Straße A348, die durch viele Erdrutsche und Absenkungen, infolge des vielen Regens im letzten Winter, zum Teil nur halbseitig befahrbar ist.
vor Orgiva
Wir kommen am Dienstag, den 15. Mai in Granada an, wo wir bei Victor, einem Warmshowergastgeber, wohnen können. Wieder einmal ist dies eine tolle Erfahrung für uns, den Victor und seine Freundin Ester kümmern sich fürsorglich um uns. So kommt es dass wir statt zwei Nächten unseren Aufenthalt in Granada auf vier Nächte verlängern. Wir besuchen die wunderschönen Gärten Generalife bei der Alhambra,wo alles – vor allem Rosen in allen Variatonen – blüht und duftet. Der Mirador von St. Nicolas im Albaycin mit seinem herrlichen Ausblick, den Künstlern und Musikern zieht uns in seinen Bann. Dank Victor können wir auf einer über den Dächern von Granada liegenden Terrasse mit Blick auf die Alhambra das leckere Essen von „Papas Elvira“ (algerische Spezialitäten in der Calle de Elvira) genießen. Leckere Tapas die zum Bier oder Wein gereicht werden, runden den Tag ab.
Granada Generalife Gärten
Victor beherbergt zeitgleich auch den sympatischen Radler Raimond, der schon die halbe Welt beradelt und ein Buch geschrieben hat. Sehr schöne Videos sind auf seiner homepage „www.otravidaesposible.org“ zu sehen.
Bis Granada sind wir etwa 900 Kilometer geradelt und da es die Strecke in sich hatte, stellten sich bei Martin erste Beschwerden, wie Sprunggelenk- oder Sehnenscheidenentzündung am linken Fuß ein. Der Fuß sollte geschont werden. Deshalb verwerfen wir unseren gesamten Plan. Wir wählen für die Weiterfahrt eine flachere Strecke, wollen weniger Kilometer machen und wir streichen unser Fahrziel Marokko. Unser neuer Plan ist nun, dass wir längere Zeit in Spanien verbringen wollen, um danach nach Portugal zu radeln. Von dort aus soll es Anfang August einen Flug nach Stuttgart geben.
Die Weiterfahrt stellt uns auf die Probe. Martins Fuss schmerzt, der Weg ist sehr beschwerlich und schwer zu finden, da wir nicht auf der Hauptstraße fahren wollen. Noch dazu schlägt das Wetter um. Jeden Nachmittag ziehen dunkle Wolken auf und es regnet in Strömen, einmal hagelt es gar…. Ein trockener Zeltplatz ist nun schwer zu finden. Aber alles geht vorbei und plötzlich befinden wir uns wieder in einer traumhafte Landschaft – bei Antequera. Diese andalusische Kleinstadt, mit seinen kleinen engen Gassen, vielen Kirchen (23 Kirchen hat mal jemand gezählt) und den drei Dolmen, die schon vor 6.000 Jahren gebaut worden sind, lohnt einen Besuch. Der Gang des „Dolmen de Menga“ ist 27,5 m lang und wird von gigantischen Steinplatten umschlossen.
Dolmen in Antequera
Ein weiterer Höhepunkt liegt im Karstgebirge von „el Torcal“. Von Wind und Wetter geformte Felsengärten, manche in Pfannkuchenstapelform, andere senkrecht in die Höhe strebend. Wanderwege erschließen uns diese traumhafte Landschaft.
Torcal Felsengärten
Seit Antequera sehen wir große meckernde Ziegenherden. Wen wundert’s dass es nun leckeren Ziegenkäse gibt.
Fotos zu Andalusien erster Teil:
Tolle atemberaubende Landschaften, mit viel hoch und runter, führen uns am 24. Mai zu einem weiteren Höhepunkt unserer Spanienreise: Caminito del Rey (der Königsweg). Dort wollen wir eine mehrstündige Wanderung durch enge Schluchten, auf dem für Touristen hergerichteten Instandhaltungsweg für die Wasserversorgung früherer Zeiten, machen. Der Andrang ist groß und Eintrittskarten sind für die nächsten 3 Wochen ausgebucht. Doch auf dem Schwarzmarkt, wir bezahlten dafür etwas mehr, bekommen wir noch am selben Morgen zwei der begehrten Eintrittskarten. Es hat sich gelohnt, denn die Wanderung durch die Schlucht auf Holz- und Metallstegen hoch über dem Fluß ist einmalig. Wir sehen auch immer wieder die Reste des ursprünglichen kaum gesicherten Weges, den vor Jahren noch halsbrecherische Abenteurer gegangen sind.
Caminito Del Rey
Unzählige Adler schweben majestätisch von Fels zu Fels und schauen auf uns herab. Wir beradeln danach, wie es heißt, die schönste Straße Andalusiens von El Churro bis Ardales durch den Naturpark mit bizarren ausgewaschenen Gesteinsbildungen.
Einen schönen Schlafplatz finden wir kurz nach Ardales an einem ruhigen Fluß. Wir sehen blau schimmernde Eisvögel und ein Schäfer treibt eine großes Schafherde auf der anderen Flußseite entlang. Im Fluß hüpfen Fische stromaufwärts. Wir beschließen noch eine Nacht länger an diesem Ort zu bleiben.
In Almargen wird, wie schon an einigen Orten zuvor, ein Festtag zu Ehren eines Heiligen gefeiert. Die Andalusierinnen sind festlich gekleidet, die Männer sitzen stolz auf ihren Pferden. Eine ganze Wagenparade mit bunt geschmückten Papierblumen kommt uns entgegen.
Fest in Almargen
In Sevilla, der schönen Großstadt bummeln wir etwas durch die Altstadt, verweilen aber nur kurz. Zu viel touristischer Trubel für uns. Doch die Ausfahrt aus Sevilla ist für Radler tückisch, denn ein Geflecht von Schnellstraßen umgibt die Stadt und es dauert ewig bis wir eine ruhige Passage entlang eines Flusses finden. Dies ist auch der Weg zum Nationalpark Donana mit seinen vielen Störchen, die sich ihre Nester in den Bäumen oder auf den Straßenmasten gebaut haben.
Störche im Naturpark
El Rocio, die Stadt im Sand mit Cowboyflair. Sind wir mitten in einer Filmkulisse gelandet? Wir schieben unsere Räder durch die sandigen Straßen und bestaunen die vielen Kirchen mexikanischen Stils und die Läden und Häuser, vor denen man sein Pferd, wenn man denn eines hätte, am Holzsteg anbinden kann. Jetzt ist dieser Wallfahrtsort ziemlich leer, aber an Pfingsten werden hier jedes Jahr tausende Pilger, in bunten Trachten, mit ihren Pferden erwartet.
el Rocio
Vor und nach El Rocio befinden wir uns zwischen verschiedenen Nationalparks, die von kilometerlangen Zäunen vor der Bevölkerung geschützt werden – wir kommen auf mindestens 50 km Umzäunung, die wir entlang radeln. Wir können die Straße nicht verlassen, angekündigte Campingplätze existieren nicht mehr. Starker Gegenwind bei bereits 105 km geradelte Strecke legen unsere Nerven blank. So kommt es, dass wir bei Einbruch der Dunkelheit völlig genervt einen Parkplatz neben der Straße ansteuern und dort im Halbdunkeln unser Zelt aufbauen, obwohl eine Streife der Guardia Civil uns schon dreimal passiert hat.
Schön, dass wir uns nach dieser Strapaze auf dem prima Campingplatz bei Mazagon richtig erholen können. Dort treffen wir die Schwaben Claudia und Hartmut aus dem Kreis Ludwigsburg, mit denen wir nette Abende verbringen. Hartmut mixt einen prima Sangria dazu.
Küste bei Mazagon
Wir radeln weiter entlang der Küste, das Meer immer schön auf der linken Seite. Nach 1.600 km in Spanien kommen wir nach Ayamonte, wo wir am 3.6. die kleine Fähre nach Portugal, Villa Real de San Antonio, nehmen.
Fähre in Ayamonte
weitere Fotos zu Andalusien:
199-spanien-vor-el-chorro